Wenn's nicht so ernst wäre, müsste man eigentlich drüber lachen. Die Tibetaner die im Staatsfernsehen gezeigt werden, wurden angeblich dazu gezwungen, der Daila Lama solle der Gewalt abschwören und nicht die Freiheit Tibets fordern... Wenn ich Sportler wäre, ich würde nicht zu den Olympischen Spielen Fahren; so bleibt mir nur mich - wie immer - von dem medialen Rummel fern zu halten.
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Ich habe heute bei Radio 1 vom RBB ein Interview mit dem letzten ausgewiesenen deutschen Reporter gehört.
Der mahnt vor voreiligen Schlüssen. Nachdem auch für ihn zunächst feststand, die noch unbekannte Zahl an Toten gehe klar auf das Konto der Chinesen, war er nun nicht mehr so sicher. Nach immer mehr Gesprächen mit wohl recht offenen Tibetern kam er zu dem Schluss, obwohl die Chinesen mit unwahrscheinlicher Militär- bzw. Polizeipräsenz glänzen, wurde von denen bisher doch noch nicht geschossen.
Wahrscheinlich sind zumindest ein Teil der Toten in ihren angezündeten Geschäften mitverbrannte Chinesen.
Nach diesem Interview ist für mich die Lage dort nicht mehr so eindeutig. Auch wenn ich die Besetzung Tibets genau so verurteile, wie andere Gebietsbesetzungen und klar für den Rückzug der Chinesen in geregeltem Verlauf bin (damit kein Machtvakuum entsteht)
Das Vorgehen der Chinesen muss verurteilt und sanktioniert werden, ohne Frage! Aber: Was will der Dalai Lama? Demokratie, Freiheitsrechte? Oder nur seinen Lamaismus durchsetzen? Benutzt er Europa nicht nur als Vehikel, um seine Interessen durchzusetzen? Ich will ihm nichts Böses unterstellen. Aber ich höre nichts von der politischen Alternative zur chinesischen Diktatur. Und mich verblüfft, das sich auch niemand für sie interessert! Der Dalai Lama ist ein rechtschaffener Religionsmann, der bescheiden auftritt und so nett kichern kann. Also, mir würde das nicht reichen...
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Was die Politik angeht, scheint der DL mehr Pragmatiker zu sein als viele 'Westler' - worum er sich bemüht ist eine gewisse Eigenständigkeit und Selbstverwaltung Tibets innerhalb des chinesischen Staates - dass die Chinesen aus Tibet abziehen könnten, hält er offenbar für unmöglich. Und seine Stellungnahme zu den derzeitigen Unruhen war die, dass er mit seinem Rücktritt gedroht hat für den Fall, dass tibetische Hitzköpfe einen echten Aufstand anfangen sollten. Von irgendwelchen Plänen, in Tibet die alte feudalistische Struktur wieder aufleben zu lassen, ist nirgends die Rede.
___________________________ Nichts bedarf so sehr der Reform wie die Meinungen anderer Leute. [Mark Twain]
Hm - aus der Aussage, dass von bestimmten Plänen keine Rede sei, zu schließen dass von anderen die Rede sein müsse, ist wohl etwas übereilt... Pläne zu machen ist einigermaßen schwierig, wenn man auf den goodwill eines stärkeren erklärten Feindes angewiesen ist. Was die tibetische Exilregierung offenbar hofft ist, dass der moralische Druck der Weltöffentlichkeit China dazu veranlasst, sie (bzw. den DL) zumindest als Gesprächspartner zu akzeptieren. Genau das wollen die Chinesen aber auf keinen Fall, sonst würden sie ja nicht die ganze Zeit von den 'aufrührerischen Machenschaften der Dalai-Clique' erzählen, ohne auch nur den mindesten Beweis dafür auf den Tisch zu legen (obwohl sie ja behaupten, ganz klare Beweise zu besitzen ).
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In Antwort auf:Exilregierung offenbar hofft ist, dass der moralische Druck der Weltöffentlichkeit China dazu veranlasst, sie (bzw. den DL) zumindest als Gesprächspartner zu akzeptieren.
Ja, das sollten sie. Und die Tibeter haben ein moralisches Recht darauf, durch Schaffung von Weltöffentlichkeit einen Schutz durch sie zu bekommen. Aber alle Welt empört sich über die bösen Chinesen. Zu Recht. Und ich möchte wissen, für was ich mein moralisches Engagement einsetze! Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie wir als Studenten für die Abdankung des Schahs zugunsten des Ayatollahs Khomeini demonstierten... Ich will jetzt nicht den Dalai Lama mit diesem Kerl vergleichen. Ich stelle aber fest, dass wir nicht wissen, was der Dalai Lama politisch will. Und mich erschütterst es, dass uns das offenbar - trotz aller negativer Erfahrung - wurscht egal zu sein scheint...
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Was sich der DL - oder sonstwer - wünscht, was in einem 'freien Tibet' sein oder nicht sein sollte, ist ziemlich irrelevant - im Gegensatz zum Iran werden sich dort die Herrschaftsstrukturen nicht so schnell ändern. Das weiß selbst ein kichernder Religionsmann. Ich kann mich dunkel erinnern irgendwo mal gelesen zu haben, dass er sich an einer 'weltlichen Regierung' in Tibet nicht mehr beteiligen wollen, und sich eher eine Demokratie nach westlichem Muster vorstellen würde - aber wie er selbst weiß sind das pipedreams...
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hier ging's eigentlich weniger um den tibetischen Buddhismus an sich, sondern um die politischen Perspektiven, die der DL möglicherweise haben könnte. Das 'nette Büchlein' des Ehepaars Trimondi hab' ich selbst - manche Dinge dort sind richtig, manche falsch, Vieles einfach schief dargestellt - die Rezension auf den Seiten der GWUP (die ja sonst nicht gerade religionsfreundlich ist ) war ziemlich vernichtend. Dass im Vajrayana Vieles schiefgelaufen ist, weiß ich auch - bin auch mit Anhängern schon häufig übers Kreuz gekommen damit - aber das ist hier nicht das Thema. Wir können gern einen thread dazu aufmachen im 'östlichen' Forum, wenn's jemand interessiert...
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Ich sehe in den Äußerungen der Journalisten ganz klar dass von Seiten der Chinesen Druck auf sie ausgeübt worden ist. Daher ist die Berichterstattung keineswegs Objektiv. Ich bin für einen Boykott der Olympischen Spiele. Und man sollte den Chinesen klar machen dass ihr ganzes Wirtschaftswachstum und ihre gestiegene wirtschaftliche Macht auf unser Kaufverhalten zurück zu führen ist. Und dass wir einen großen Teil der von China gelieferten Waren auch anderswo her bokommen könnten, wenn wir es wollten. Mit anderen Worten, wir könnten den Chinesen den Geldhahn auch wieder zu drehen. Genau so wie den Russen mit ihrem Ol und Gas. Die versuchen ja jetzt massiv hier im Westen Energie Unternehmen aufzukaufen aus Angst dass wir uns Alternative Energien nutzbar machen. Aber unsere Politiker sind anscheinend zu Blöd um das zu Begreifen. Für unsere Volkswirtschaft wichtige Schlüsselbetriebe gehören unter Staatliche Kontrolle, und dürfen nicht verkauft werden. Genau so wie ich auch gegen die Privatisierung von Staatsbetriben bin. Da wird Volksvermögen veruntreut.
Aber zurück zu China.. Der Westen ( sofern er einen Arsch in der Hose hat) sollte den Chinesen klar machen das wir nur mit ihnen Geschäfte machen wenn sie die Menschenrechte achten ...usw. oder auch Umweltschutz betreiben. China ist ja nur deswegen so billig weil dort auf Umweltschutz gepfiffen wird. Würden sie die gleichen Maßnahmen wie hier ergreifen wäre ihre Waren uninteressant. Ich für meinen Teil bin ein Gegner der Globalisierung. Zumindest der Globalisierungspiraterie wie sie derzeit betrieben wird.
In Antwort auf:Und man sollte den Chinesen klar machen dass ihr ganzes Wirtschaftswachstum und ihre gestiegene wirtschaftliche Macht auf unser Kaufverhalten zurück zu führen ist. Und dass wir einen großen Teil der von China gelieferten Waren auch anderswo her bekommen könnten, wenn wir es wollten.
Die Chinesen würden sich wohl totlachen... Was kommt heutzutage eigentlich nicht aus China? Der Umgang der Chinesen mit den Tibetern ist sicherlich nicht zu dulden. Andererseits: Es bleibt ihnen nichts anderes übrig, als gewaltsame Ausschreitungen auch mit Gewalt niederzuschlagen! Ein eventueller Dialog könnte erst nach dem Ende der Gewalt wieder stattfinden. Wieso spinnen die Tibeter eigentlich plötzlich? Mit offener Gewalt werden sie überhaupt nichts erreichen - sogar das Gegenteil! Die Chinesen können doch locker hinter jeden Tibeter einen oder zwei Aufpasser stellen.
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Zitat von qilinHallo Sleipnir, hier ging's eigentlich weniger um den tibetischen Buddhismus an sich, sondern um die politischen Perspektiven, die der DL möglicherweise haben könnte. Das 'nette Büchlein' des Ehepaars Trimondi hab' ich selbst - manche Dinge dort sind richtig, manche falsch, Vieles einfach schief dargestellt - die Rezension auf den Seiten der GWUP (die ja sonst nicht gerade religionsfreundlich ist ) war ziemlich vernichtend. Dass im Vajrayana Vieles schiefgelaufen ist, weiß ich auch - bin auch mit Anhängern schon häufig übers Kreuz gekommen damit - aber das ist hier nicht das Thema. Wir können gern einen thread dazu aufmachen im 'östlichen' Forum, wenn's jemand interessiert...
Du hast natürlich recht es geht hier um Tibet, aber der Dalailama ist ja auch eine Wichtige Person dort, da dachte ich ich bau das mit ein. Ich habe das nur kurz eingeworfen um zu zeigen das eben an dieser Person nicht alles Gold ist was glänzt. GWUP ist mir ehrlich gesagt kein Begriff vielleicht kannst du ja einen Link setzen. Aber du hast natürlich recht wir sollten uns natürlich nicht zuviel in diesem Thread damit aufhalten. Ich wollte es nur mal einwerfen da er eine Wichtige Person in Tibet ist. Aber den Rest diskutieren wir in einem anderen Thread.
GWUP ist die 'Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften' und beschäftigt sich primär mit dem Aufdecken von 'parawissenschaftlichem' Schwindel. Gerade bei Religionen sind sie sehr skeptisch... Ich schätze den Verein sehr.
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Wie ich im gleichen posting schon geschrieben habe
In Antwort auf:Ich kann mich dunkel erinnern irgendwo mal gelesen zu haben, dass er sich an einer 'weltlichen Regierung' in Tibet nicht mehr beteiligen wollen, und sich eher eine Demokratie nach westlichem Muster vorstellen würde - aber wie er selbst weiß sind das pipedreams...
- was er wirklich will, weiß wohl niemand der nicht in seinen Kopf 'reinschauen kann. Man kann nur vergleichen was er selbst gesagt und geschrieben hat und das was seine Gegner - chinesische Machthaber und enttäuschte Anhänger wie die Trimondis - über ihn sagen... Ersteres ist eine Autonomie Tibets innerhalb des chinesischen Staatsverbands, letzteres Weltherrschaftsgelüste, heiliger Krieg, Rückkehr zum Feudalismus etc. pp - was glaubwürdiger ist, möge JedeR selbst beurteilen...
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In Antwort auf:und sich eher eine Demokratie nach westlichem Muster vorstellen würde -
Es ist mir zu vage, aber es ist immerhin eine positive Antwort. Bleibt noch die Frage, was die politische Entwicklung und Diskussion in Tibet ohne den Dalai Lama erhoffen lässt. Man hört nichts darüber. Weißt du was davon?
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Nö, eigentlich nicht - die Tibeter sind (vermutlich gerade wegen des chinesischen Verbotes) auf den DL fixiert wie Kinder auf Superman - für sie ist vermutlich jede Entwicklung ohne ihn vom Bösen - und für die Chinesen ist Tibet eben Ausbeutungsobjekt und Müllkippe, und 'politische Entwicklung' - was ist das denn...?
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Ich bin für Glasnost und Kommunikation in China. Dazu gehört auch, dass wir über den Dalai Lama mehr wissen. Mich erstaunt, dass sein Programm scheinbar niemanden hier (in Deutschland, Europa, dem Westen) interessiert. Wir sind darauf trainiert, die Macht zu bekritteln. Aber nicht den näher anzuschauen, der die Macht will. Der Dalai Lama - ein so lieber Mann, der dann auch noch so charmant kichern kann... Ein Religionsmann! Ein Pazifist! Ein Gandhi, ein Martin Luther King! Da fragt man nicht näher nach...
Der DL sagte, dass er Autonomie wolle - keinen selbständigen Staat. Sagt er das, weil die Machtverhältnisse eh nichts anderes hergeben - oder weil es ihm nur um Religionsfreiheit geht - um die Freiheit seiner Religion - und nicht um Demokratie? Der DL soll im Exil einen demokratischen Grundsatzstatut ausgearbeitet haben - oder haben lassen. Darüber würde ich gerne mehr wissen. Na, vielleicht kriegen wir das noch.
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__________________________________________________ *Das Tier taugt zu allem, was es soll, vollkommen. Der Mensch zu nichts recht, als was er lernt, liebt und übt. (Johann Heinrich Pestalozzi 1746-1827)*
In Antwort auf:Der Friedensplan umfasst fünf Grundelemente: Umwandlung des gesamten Gebietes von Tibet in eine Friedenszone. Beendigung der Politik der Umsiedlung von Chinesen nach Tibet, die die Existenz der Tibeter als eigenständiges Volk bedroht. Respektierung der fundamentalen Grundrechte des tibetischen Volkes. Wiederherstellung und Schutz der natürlichen Umwelt Tibets und Beendigung der chinesischen Ausbeutung Tibets zur Herstellung von Kernwaffen und der Lagerung von radioaktivem Abfall. Beginn von ernsthaften Verhandlungen über den künftigen Status Tibets.
Wo steht da was von Freiheitsrechten, Menschenrechten, Demokratie, weltliche Bildung für alle, pi, pa, po? Ich meine, die Tibeter sollen ja machen, was sie wollen. Wenn wir uns aber schon in die inneren Angelegenheiten der Chinesen einmischen, dann bitteschön auch in die der Tibeter. Ich bin überigens dafür, dass wir unsere Wirtschaftpartner und Mitschwestern und -brüder auf diesem Planeten an der Messlatte der Menschenrechte messen. Nicht, dass wir uns da falsch verstehen...
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In Antwort auf:Weil also das Ziel nicht perfekt in deinem Sinne ist, ist es schon falsch?
Na, BS, du musst doch zugeben, dass das da oben (der Friedensplan) nur Wischi-Waschi ist. Ich weiß nicht, was falsch oder richtig ist am Dalai Lama und seinen politischen Vorstellungen für Tibet. Ich höre und lese eben nichts Konkretes. Wenn ich aber lese, er will gar keine Selbständigkeit von China, weil er mit China doch einverstanden sei, er will nur Religionsfreiheit - und zwar die seiner Religion! - dann ist mir das echt zu dünne. Was ist Lamaismus? Was bedeutet der für die Menschen in Tibet. Die sollen jeden scheiß da machen, den die wollen. Nicht dass wir uns da falsch verstehen. Ach, das sagte ich ja schon...
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In Antwort auf:Wenn ich aber lese, er will gar keine Selbständigkeit von China, weil er mit China doch einverstanden sei, er will nur Religionsfreiheit - und zwar die seiner Religion! - dann ist mir das echt zu dünne.
Wo hast du das gelesen? Ich denke eher, die Sache mit dem Verzicht auf Selbstständigkeit ist einfach ein pragmatischer Akt. Alles andere wäre doch irreal. Um nicht die kleinen Schritte zu verhindern, wird eben auf eine großen verzichtet.
Ich würde den 5 Punkte Plan schon für eine gute Gesprächsgrundlage mit den Chinesen halten. Mehr soll er wohl auch gar nicht sein.