In Antwort auf:In Osnabrück soll eine private Grundschule für Christen, Juden und Muslime entstehen. Das Bistum Osnabrück will gemeinsam mit der jüdischen Gemeinde und dem Landesverband der Muslime in Niedersachsen die "Schule der abrahamischen Religionen" eröffnen. Rund 200 Kinder der drei Religionen sollen ab August 2011 dort den Unterricht besuchen.
Ich glaube fast, dass das (eigentlich nicht schlechte) Projekt nur ins Leben gerufen wurde, weil die Schule nicht genug Katholiken zusammenbekommt :). Andererseits ist das eigentlich nicht übel, also ich weiß nicht... Was sagt ihr dazu?
Die große interreligiöse Ökumene. Sowas wird seine Wirkung haben. Was halten denn die verschiedenen Bekenntnisgruppen davon? Wenn die alle drei zustimmen, scheint ja eine gemeinsame Werteordnung vorhanden zu sein - zumindest die Bereitschaft, über so eine offen zu reden. Und was ist mit den Atheisten? Vor denen haben die wohl Muffe, was sonst treibt die drei früher sich spinnefeinden Religionen auf einmal zusammen? Dass mal wieder die Ethiklehre als Erziehungsaufgabe wie selbstverständlich zu 100 % den Religionen zugeschoben wird, ist nicht hilfreich, nicht zeitgemäß und wird die Konfliktlinie nur verschieben. Die Atheisten müssen ins Boot mit rein! Und dann geht's noch um die Lehrinhalte: Wer lehrt? Die Priester, Rabbis und Imame? Es müssen neutrale Lehrer sein!
_____________________________________________ "Ich bin vom Glauben zum Wissen konvertiert!" (Hamed Abdel-Samad)
In Antwort auf:Wer lehrt? Die Priester, Rabbis und Imame? Es müssen neutrale Lehrer sein!
Und genau das ist es ja - den Religionsunterricht erteilen die, "die tief in der Religion verwurzelt sind" (steht ja irgendwo im Link). Stimmt - könnte eine religiöse Verschwörung gegen die Atheisten werden, eine Art religiöse Einheitsfront (hm, in welcher Diktatur kam das Wort noch mal vor? Fällt mir jetzt ne ein, ist auch egal). Die Sache ist ein zweischneidiges Schwert - entweder führt es zu einer größeren Toleranz oder zu größerem Fundamentalismus.
Ich bezweilfe, dass sich da irgendeine "Einheitsfront" herausbilden könnte. Immerhin sind die drei Religionen schärfste Konkurrenten. Kurzfristig könnten die sich vielleicht "gegen den Atheismus" verbünden, doch ich bezweilfe, dass es länger als fünf Minuten dauern würde, bis sich wieder darüber im Klaren werden würden, dass der schlimmste Feind einer jeden dieser Religionen eigentlich nicht der Atheismus, sondern die anderen Religionen sind. "Der Feind meines Feindes ist noch lange nicht mein Freund."
Aber ein interessantes Projekt. Ich frage mich, ob (und wie lange es dauert, bis) es im Blutvergießem endet.
______________________________________________ "Philosophie besteht aus Fragen, die niemals beantwortet werden können. Religion besteht aus Antworten, die niemals hinterfragt werden dürfen." -Anonym
Bekenntnisschulen sind aus meiner Sicht generell ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite wird tendenziell die Seperation einer bestimmten Glaubensgemeinschaft auch mit Steuergeldern gefördert, andererseits bieten sie ebenso die Möglichkeit Akzeptanz für Demokratie und Grundgesetzes bei besonders strikten Religionsanhängern zu erzeugen. In letzterem Fall ist es wohl eine Art stille Kompromisslösung zwischen säkularem Staat und Glaubensgemeinschaft, die durch wechselseitige Leistungen und Ansprüche begründet wird. Jedenfalls scheint ein erfolgreiches poltisches Vorgehen gegen sie auf absehbare Zeit in jedem Fall noch unwahrscheinlich, da sie historisch als Antwort auf die nationalsozialistische Gleichschaltung - was an sich schon ein ziemliches Totschlagargument darstellen würde - grundgesetzlich verankert wurden. Indes hast du du den eigentlichen Grund für diese spezielle Form wohl schon angesprochen. Die beiden Großkirchen sind jenseits blumiger Erklärungen durch ihre Mitgliederentwicklung dazu gezwungen, sich mit dem Backen kleinerer Brötchen zufrieden zu geben. Daher gehe ich davon aus, dass das nicht das letzte Projekt dieser Art bleibt. Es ist wiederum eine Kompromisslösung für die beteiligten Gemeinschaften, wobei der Kompromiss hier der kleinste gemeinsame religiöse Nenner des Monotheismus und eher nicht irgendein Geben und Nehmen ist. Ich glaube nicht, dass sich aus diesem, aus der Not geborenen Zweckbündnis, eine schlagkräftige Allianz gegen die Atheisten entwickelt, dafür sind die Institutionen, die das organisieren, zu verbohrt und zu engstirnig und womit wollten sie uns eigentlich treffen? Vermutlich ist dieser Ansatz ohnehin zu egozentrisch. Die Kirchen sehen in diesen ganzen Schulprojekten (sei es nun Religionsunterricht oder Bekenntnisschule)schlicht eine Möglichkeit ihren Mitgliederverlust etwas abzubremsen und weniger eine Kampfstrategie gegen den Atheismus (das wird bestenfalls indirekt damit verbunden). Zu mehr als zu reichlich plumpen Versuchen des Geschichtsrevisionismus durch Meisner oder Mixa (Nationalsozialismus="pratizierter Atheismus") sind sie, was das anbetrifft sowieso schon länger nicht in der Lage. Sie handeln in dem Wunsch ihre Schäfchen zusammen zu halten, weil sie wie jede Lobby Angst vor dem mit dem Mitgliederverlust verbundenen Verlust von poltischem Einfluss, Prestige und Privilegien haben und natürlich auch aus Sorge um unser aller Seelen.
Gruss Väterchen Nurgle
PS: Die "Einheitsfront" wurde von den Kommunisten propagiert, hat also eher etwas mit Ideologie als mit Religion zu tun (wobei die Grenzen, wenn ich an eine deiner Signaturen denke, ja fließend sind). Bei den Wahlen zur DDR Volkskammer konnte man z.B. die "Kandidaten der Nationalen Front" "wählen", das heißt man konnte sein Kreuz bei der vom ZK vorgefertigten Liste machen. Obligatorisch konnte man noch Kandidaten von der Liste streichen, wodurch die Zusammensetzung des "Parlaments" - Parteien und gesellschaftliche Gruppierungen betreffend - aber nicht abgeändert werden konnte.
Bruder Spaghettus
(
gelöscht
)
Beiträge:
08.09.2009 08:01
#6 RE: "Drei Seelen wohnen ach in meiner Brust"? - drei Religionen unter einem Dach
Zitat von FSM-QueenIch glaube fast, dass das (eigentlich nicht schlechte) Projekt nur ins Leben gerufen wurde, weil die Schule nicht genug Katholiken zusammenbekommt :).
Nee, das glaube ich eher nicht. Dafür liest man zuviel über aus rein religiösen Gründen abgelehnte Schüler an Bekenntnisschulen, selbst an staatlichen (eigentlich ein Unding, sowohl die staatlichen Bekenntnisschulen selbst als auch die Ablehnung aus religiösen Gründen)
Vielleicht wirklich ein Versuch der Ökumene, vielleicht auch einfach Neues ausprobieren um den Abwärtstrend bei Gläubigenzahlen aufzuhalten? Jedenfalls ist solcher Unterricht schon mal besser als rein konfessioneller, wenn auch längst nicht so wünschenswert wie konfessionsloser.
Ach ja, ich möchte daran erinnern, dass es um Kinder zwischen 6 und entweder 10 oder, falls die Grundschule sechs Klassen hat, 12 Jahre alt sind, geht. :) Einfach meine Reaktion auf das Wort "Blutvergießen". Wobei meine Eltern das Selbe gesagt haben: Die werden sich doch prügeln auf dieser Schule :(
In Antwort auf:Einfach meine Reaktion auf das Wort "Blutvergießen".
Müssen ja nicht die Schüler sein. Können auch die Lehrer sein, die sich irgendwann gegenseitig den Schädel einschlagen.
______________________________________________ "Philosophie besteht aus Fragen, die niemals beantwortet werden können. Religion besteht aus Antworten, die niemals hinterfragt werden dürfen." -Anonym