Für (echten) Säkularismus und freie Religionskritik!
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Wie oft willst du es denn noch hören? Die goldene Regel ist deshalb abosluter Schund, weil sie die eigenen Anschauungen zum Maßstab aller macht. Wie würdest du dich fühlen, wenn ein fundamentalistischer Moslem die auf dich anweden würde? Wenn er das, was er gerne tut, nämlich zu Allah beten nach festen Regeln, besondere Speisepläne, Ramadan, Hadsch usw. alles von dir verlangen würde? Nach der goldenen Regel wäre das völlig o.k.
Oder noch einfacher, moderner und allgmeiner? Was würdest du dazu sagen, wenn einer, der das Leben beschissen findet und deshalb den Freitod sucht, diesen seinen Willen und sein Tun auch für dich mit anwenden und dich auf die mit auf den Sprung vom Hochhaus nehmen würde?
Die goldene Regel ist also völlig unfähig die Basis einer Ethik zu bilden. Wenn überhaupt, dann wenigstens noch in Kants erweiterter Form, der davon ausgeht, dass die persönlichen Regeln zusätzlich noch als Gesetz für alle geeignet sein müssen.
Im übrigen hast du ja bereits zugegeben, die goldene Regel war keine Erfindung des Christentums. Vor allem aber ist sie auch nicht die Basis dessen Moral. Das sind die ganz klar die 10 Gebote. Die nun mal aus dem AT stammen.
Ansonsten solltest du Tob 4,15 mal zwei Zeilen weiter lesen. In Tob 4,17 findest du: Spende dein Brot beim Begräbnis der Gerechten, gib es nicht den Sündern!
Was in solcher Nähe doch wohl klar zum Ausdruck bringt, wer in 4,15 gemeint ist. Nur die eigenen Glaubensbrüder. Was für alle christlichen Regeln gilt. Der Nächste, der geliebt werden muss, muss halt auch den rechten Glauben haben sonst hat er Pech. Was auch in Math 7 getreu übernommen wird. Lies, in welchem Umfeld die Regel dort steht, und dir sollte klar werden, auch dort ist sie nur für die Christen selbst gedacht.
Zitat Die "goldene Regel" mag nicht Non plus ultra sein...aber in der Kürze fällt mir kaum etwas besseres ein.
Was besseres habe ich doch oben schon beschrieben, Kants kategorischen Imperativ: "Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde."
Letztlich zielt ja aber auch der wieder nur auf das eigene Wollen als Maxime ab, wenn auch mit einer zusätzlichen Hürde.
Für mich selbst ist der faire Interessenausgleich bei aufeinandertreffenden unterschiedlichen Interessen der Maßstab. Dort wo es keine aufeinandertreffenden unterschiedlichen Interessen gibt, ist eh alles erlaubt. Vom evolutionären Humanismus und Epikur hatte ich hier ja schon öfter geschrieben. Beides bietet für mich die beste ethische Orientierung.
Das Problem der goldenen Regel ist auch nicht, wie du meinst, die unterschiedliche Stärke der einzelnen Schultern, sondern ganz einfach die unterschiedlichsten kulturellen, theologischen und philosophischen Systeme, in denen der jeweilige Regelsetzer gefangen ist. Die goldene Regel, aber auch das hatten wir hier schon ausführlich, ist also allerhöchsten in kleinsten Gruppen mit ziemlich gleicher Kultur denkbar. Aber eigentlich nicht mal dort. Denn die Gruppe müsste schon ziemlich klein sein, in der z.B. sich nicht einer findet, der gern ins Fußballstadion geht und ein anderer lieber in die Oper. Muss nun der Fußballfan mit in die Oper, weil der Opernfan gerade der Regelsetzer ist? Oder darf im Fernsehen nur noch Oper übertragen werden und kein Fußball mehr?
Zitat Die "goldene Regel" mag nicht Non plus ultra sein...aber in der Kürze fällt mir kaum etwas besseres ein.
Was besseres habe ich doch oben schon beschrieben, Kants kategorischen Imperativ: "Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde." Letztlich zielt ja aber auch der wieder nur auf das eigene Wollen als Maxime ab, wenn auch mit einer zusätzlichen Hürde. .
Wir haben tatsächlich ein Problem - Ethik ist nicht vollständig rational begründbar und jede Regel (auch Kants Kategorischer Imperativ) greift daher letztendlich zu kurz. Unsere ethischen Normen entstammen wesentlich einer dem rationalen Denken übergeordneten Gefühlswelt und sind nicht wirklich begründbar.
Nun aber zu behaupten, dass diese Normen von Gott eingegeben würden, halte ich für Unfug. Wie soll ein für mich nicht erkennbarer Gott mir überhaupt etwas vermitteln?
__________________________________________________ Wenn du es nicht wagst, den Sinnen zu trauen, stürzen die Pfeiler des Lebens ein. De nihilo nihil. Aus Nichts wird nichts. Zu soviel Unheil hat schon die Religion die Menschen verleitet. (Lukrez)
Zitat Wir haben tatsächlich ein Problem - Ethik ist nicht vollständig rational begründbar und jede Regel (auch Kants Kategorischer Imperativ) greift daher letztendlich zu kurz.
Sehe ich ähnlich. Aber es gibt nun mal Regeln, die sich mehr oder welche, die sich weniger eignen.
Die göttlichen, die bei der Erstellung auf das (nicht wirklich existierende) Gut-Blöse Prinzip und in der Durchsetzung auf Zuckerbrot und Peitsche setzen halte ich da denen, die auf einer ergebnisorientierten Grundlage eines fairen Interessenaustausches und in der Durchsetzung auf Verständnis und Einsicht und erst danach auf Rechtsnormen setzen, weit, weit unterlegen.
Zitat Wir haben tatsächlich ein Problem - Ethik ist nicht vollständig rational begründbar und jede Regel (auch Kants Kategorischer Imperativ) greift daher letztendlich zu kurz.
Sehe ich ähnlich. Aber es gibt nun mal Regeln, die sich mehr oder welche, die sich weniger eignen. Die göttlichen, die bei der Erstellung auf das (nicht wirklich existierende) Gut-Blöse Prinzip und in der Durchsetzung auf Zuckerbrot und Peitsche setzen halte ich da denen, die auf einer ergebnisorientierten Grundlage eines fairen Interessenaustausches und in der Durchsetzung auf Verständnis und Einsicht und erst danach auf Rechtsnormen setzen, weit, weit unterlegen.
Wenn Du die Ethik nicht als Gesetz möchtest, geht es Dir wohl weniger um praktischen Vollzug, sonderm mehr um Gespräche im literarischen Zirkel, im gehobenen Ambiente bei einem guten Schluck. (a`la Wiener Kreis) Ich fühle mich gern eingeladen und bringe etwas Goethe mit.
Edel sei der Mensch hilfreich und gut. Das allein unterscheidet ihn von allen Wesen die wir kennen.
Heil dem unbekannten höheren Wesen....
Aber die letzte Zeile können wir durchaus weg lassen. um keine atheistischen Gefühle zu verletzen.
An anderer Stelle sagt Goethe freilich, daß wir unsere Vernunft benutzen, im tierischer als jedes Tier zu sein. Aber das müssen wir im literarischen Zirkel für Ethik ja nicht beleuchten. Wir tanzen einfach unseren Traum.
Zitat von Bruder SpaghettusIch dachte, es sieht jeder so, dass Ethik nur Grundlage von aber nie selbst Gesetzt sein kann. Aber egal, Teetrinken ist auch o.k. und Goethe da ein gern gesehener Zitatespender: Den deutschen Mannen gereicht's zum Ruhm, Daß sie gehaßt das Christentum, Bis Herrn Carolus leidigem Degen Die edlen Sachsen unterlegen „Zahme Xenien“
Ich bin erstaunt, daß Dir Goethe gefällt. Er war ja nicht nur Dichter und Wortschöpfer, sonder vor allem Mystiker und Hochgrad-Maurer, und glaubte fest an die Wiedergeburt einer unsterblichen Geist-Seele.
Doch noch eine Frage zu Deinem Signum von Wolfram. Wolfram sagt, daß das Universum einem einfachen Programm folgt. In unserer Menschenwelt schreiben wir die Programme. (ich habe selbst eine Menge geschrieben) Wer schreibt die Programme fürs Universum?
Zitat und glaubte fest an die Wiedergeburt einer unsterblichen Geist-Seele.
Tatsächlich? Woraus schließt du das? Ich habe ihn eher für eine Art Pantheist mit mystischen Elementen gehalten. Ich stehe zwar nicht wirklich so sonderlich auf ihn, das hat aber mehr mit seinen Werken als mit seinem Wirken zu tun. Logen sind mir Wurscht und wenn einer ein bisschen vor sich hinmystifiziert, ist es das auch.
Goethe hat ja als Naturwissenschaftler vollkommen versagt - seine Farbenlehre war absoluter Stuss! Wunderschöne Gedichte konnte er allerdings machen:
Mailied
Wie herrlich leuchtet Mir die Natur! Wie glänzt die Sonne! Wie lacht die Flur!
Es dringen Blüten Aus jedem Zweig, Und tausend Stimmen Aus dem Gesträuch.
Und Freud und Wonne Aus jeder Brust. O Erd', o Sonne! O Glück, o Lust.
O Lieb', o Liebe! So golden schön Wie Morgenwolken Auf jenen Höhn!
Du segnest herrlich Das frische Feld, Im Blütendampfe Die volle Welt.
O Mädchen, Mädchen, Wie lieb ich dich! Wie blickt dein Auge! Wie liebst du mich!
So liebt die Lerche Gesang und Lust, Und Morgenblumen Den Himmelsduft.
Wie ich dich liebe Mit warmem Blut, Die du mir Jugend Und Freud' und Mut
Zu neuen Liedern Und Tänzen giebst. Sei ewig glücklich, Wie du mich liebst!
__________________________________________________ Wenn du es nicht wagst, den Sinnen zu trauen, stürzen die Pfeiler des Lebens ein. De nihilo nihil. Aus Nichts wird nichts. Zu soviel Unheil hat schon die Religion die Menschen verleitet. (Lukrez)
Zitat und glaubte fest an die Wiedergeburt einer unsterblichen Geist-Seele.
Tatsächlich? Woraus schließt du das? Ich habe ihn eher für eine Art Pantheist mit mystischen Elementen gehalten. Ich stehe zwar nicht wirklich so sonderlich auf ihn, das hat aber mehr mit seinen Werken als mit seinem Wirken zu tun. Logen sind mir Wurscht und wenn einer ein bisschen vor sich hinmystifiziert, ist es das auch.
Zitat Wer schreibt die Programme fürs Universum?
Die Naturgesetze.
Das kann man so stehen lassen, wäre aber eher Pantheismus, denn Steine schreiben vermutlich keine Programme. Ich habe meine Programme immer im Zustand der Bewußtheit schreiben müssen, und leider nie im Schlaf. Wie auch immer Bruder Spaghettus, Du wärest dabei in allerbester Gesellschaft.
Zitat denn Steine schreiben vermutlich keine Programme. Ich habe meine Programme immer im Zustand der Bewußtheit schreiben müssen, und leider nie im Schlaf.
Dieser Vergleich funktioniert nicht, denn Steine haben mit dem Menschen wohl wesentlich mehr gemeinsam als mit Naturgesetzen.
______________________________________________ "Philosophie besteht aus Fragen, die niemals beantwortet werden können. Religion besteht aus Antworten, die niemals hinterfragt werden dürfen." -Anonym
Zitat denn Steine schreiben vermutlich keine Programme. Ich habe meine Programme immer im Zustand der Bewußtheit schreiben müssen, und leider nie im Schlaf.
Dieser Vergleich funktioniert nicht, denn Steine haben mit dem Menschen wohl wesentlich mehr gemeinsam als mit Naturgesetzen.
Wenn das deine persönlichen Favoriten sind, meinetwegen...
______________________________________________ "Philosophie besteht aus Fragen, die niemals beantwortet werden können. Religion besteht aus Antworten, die niemals hinterfragt werden dürfen." -Anonym
Zitat denn Steine schreiben vermutlich keine Programme.
Steine unterliegen zwar den Naturgesetzen, sind selber aber keine. Deshalb weiß ich nicht so recht, was du hier überhaupt willst. Pantheismus ist für mich auf einer Stufe wie Atheismus. Nur halt von der anderen Seite her gesehen.
Ich möchte die Titelfrage von Christoph wie folgt beantworten: Gott steht fest. Gott entzieht sich unserer Definition. Gott benötigt nicht unsere Erlaubnis so zu sein wie er ist. Gott ist keine Abstimmungsfrage, Meinungsumfragen ändern das Wesen Gottes nicht. Gott ist nicht abwählbar.
Andererseits ist auch niemand gezwungen ihm hinterher zu laufen. Man kann von ihm lernen, wenn man das denn möchte. Wenn man das nicht möchte, dann lässt man es bleiben. Aber die göttliche Autorität ist immer über den Menschen und die Menschen können das erkennen, sie können es aber auch sein lassen.
Zitat Elfen stehen fest. Eine Elfe entzieht sich unserer Definition. Eine Elfe benötigt nicht unsere Erlaubnis so zu sein wie er ist. Eine Elfe ist keine Abstimmungsfrage, Meinungsumfragen ändern das Wesen Elfe nicht. Eine Elfe ist nicht abwählbar.
Andererseits ist auch niemand gezwungen ihr hinterher zu laufen. Man kann von ihr lernen, wenn man das denn möchte. Wenn man das nicht möchte, dann lässt man es bleiben. Aber die göttliche Autorität ist immer über den Menschen und die Menschen können das erkennen, sie können es aber auch sein lassen.
--------------------------------------------- Intelligent Design hat ganz ein anderes Problem: Es gibt sich als Wissenschaft, will aber gar kein Wissen schaffen - die wollen überhaupt nichts herausfinden. Weil sie ja eh schon die Antwort kennen. Ihre Antwort ist immer: Gott. Wer glaubt, die Antwort schon zu kennen, macht keine Wissenschaft - er macht Propaganda."
Wenn ich schon den kat. Imperativ höre wird mir ganz anders, schade, dass ich die Klausur nicht mehr habe (13 Punkte), in der ich den wiederlegen durfte (volle Punktzahl auf diese Aufgabe) aus dem letzten Jahr in Ethik. Sinngemäß ging es in meinem Beweis aber irgendwie um folgende Situation:
Für jede Note besser als 12 Punkte (in einem 15 P.-System) erhalte ich 5 €, für eine 15 10 €. Für eine Note unter der 10 verliere ich 20 €. Befiehlt Kant mir, da ich 18+ bin und meinen Eltern die Arbeit nicht zeigen muss, sie nichts von ihr wissen, mir nun, die Note zu zeigen oder zu verschweigen? Verschweigen: Denn ich gehe davon aus, dass jeder andere Mensch in meiner Situation ebenso handeln würde.
Situation 2: Ich gehe bei Rot über eine Ampel, während ein kleines Kind zusieht. Auch dies lässt sich, wenn auch ein wenig an den Haaren herbeigezogen, als von Kant gebilligt abtun - wenn kein Auto fährt, habe ich absolut kein Problem damit, dass alle Menschen bei Rot über die Straße gehen.
Deshalb kann man mit Kant auch reichlich amoralische Sachen begründen - der Kanibale von Rotenburg hätte sich bestimmt auch gerne aufessen lassen. Also um eine Ethik aufzubauen, ist der nicht geeignet.
Zitat Auch dies lässt sich, wenn auch ein wenig an den Haaren herbeigezogen, als von Kant gebilligt abtun
Eben nicht. Die Beispiele, die du hier anführst, zeigen das die Goldene Regel völlig daneben ist. Mit Kants kategorischen Imperativ sind die leicht zu lösen. Der stellt nämlich eben gerade nicht darauf ab, was der Einzelne für sich selbst wollen würden, sondern darauf, was geeingnet wäre, als allgemeine Norm zu gelten.
Da sind wir uns wohl einig, in den beiden Fällen wäre das eben gerade nicht das, was zur allgemeinen Norm werden sollte.
Goldene Regel: „Behandle andere [nicht] so, wie du [nicht] von ihnen behandelt werden willst.“ kat. Imper.: „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“