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Religionsforum
Diskussionen zw. Gläubigen versch. Coleur und Atheisten  


Der substanzielle  Dialog 

Für (echten) Säkularismus und freie Religionskritik!

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Dieses Thema hat 17 Antworten
und wurde 618 mal aufgerufen
 Christentum
Gysi Offline

Atheist


Beiträge: 19.998

07.04.2023 18:48
Arm an Geist? Antworten

Das neue Zitat im Kopffeld könnte ja auch dikutiert werden. Jaaa, aber es ist doch ganz anders gemeint, sagen die Gläubigen: Die Gläubigen, die sich im Geiste vorstellen, arm zu sein und somit arm (als demütig) handeln - DIE sind damit gemeint! Alles ein Übersetzungsmissgeschick. Wirklich?

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"Ich bin vom Glauben zum Wissen konvertiert!" (Hamed Abdel-Samad)

Ulan Offline



Beiträge: 251

07.04.2023 23:46
#2 RE: Arm an Geist? Antworten

Es ist schon so, dass die fruehe Kirche eindeutig bildungsfeindlich war. Kirchengeschichtler haengen der Kirche zwar gerne das Maentelchen der Bewahrerin antiker Schriften in den Kloestern um, aber diese auf Augustinus beruhende Einstellung zur antiken Ueberlieferung fasste erst im Mittelalter langsam Fuss. Gregor "der Grosse" dagegen verachtete antike Literatur und verbot, dass irgendjemand in seiner Gegenwart antike Autoren zitierte, es sei denn Kirchenautoren. Ich halte es fuer wahrscheinlich, dass es zu Beginn der christlichen Herrschaft zu verbreiteten Buecherverbrennungen gekommen ist, von denen uns sogar einige von den Kirchenvaetern selbst ueberliefert sind.

Bildungsfeindlichkeit und die Verurteilung jeglichen Hinterfragens faengt ja schon mit der Paradiesgeschichte an. Adam und Eva essen vom Baum der Erkenntnis, worueber meist hinweggeschwurbelt wird. Gottes Begruendung fuer den Rauswurf aus dem Paradies spricht auch Baende: er befuerchtet, die beiden wuerden auch noch vom Baum des Lebens essen und dann endgueltig so werden wir er. Und, wie wir wissen, er mochte keine Goetter neben sich.

Eine etwas verstecktere Anspielung an die Bildungsfeindlichkeit findet sich in der Heilung des blinden Bartimaeus - was, wie der Evangelist Markus extra betont, "Sohn des Timaeus" bedeutet. Der Timaeus war eines der in der Antike bekanntesten Werke Platons, von dem wohl jeder halbwegs Gebildete damals gehoert hatte. In dem Werk geht's unter anderem auch darum, wie das Sehen funktioniert (war zwar falsch, aber versuchte sich in einer naturphilosophischen Begruendung). Dies war also ein "Sohn des Timaeus", aber trotzdem blind. Die Nachricht hier ist auch: Lernen ist nutzlos, davon siehst Du nichts; erst der bedingungslose Glaube bringt Dir das wahre Sehen.

Die Priesterschaft hatte schon immer Probleme mit Leuten, die zu viele Fragen stellten.

Gysi Offline

Atheist


Beiträge: 19.998

08.04.2023 09:26
#3 Arm an Geist? Antworten

Zitat von Ulan
Die Priesterschaft hatte schon immer Probleme mit Leuten, die zu viele Fragen stellten.

Ja. Funktioniert aber leider. Diese Haltung verdirbt die Diskussionslust der Gläubigen insgesamt! Sie kommen sich tolerant vor, indem sie alle Kritik zulassen (die Christen heute meine ich), tragen aber nur ihr Gegenargument bei (wenn überhaupt), und tun den Deibel, sich z.B. von deinem Argument beeindrucken zu lassen! So ist meine Erfahrung mit den Christen. Sie lassen uns unser Dialogsüppchen kochen und halten sich aus ihm lieber raus. Weitgehend. Ich meine, sie tun das ja nicht aus Boshaftigkeit. Da ist doch einiges kaputtgegangen.

Dieser von Neugierde freie Glaube ist immer noch ein spürbarer Grundpfeiler der Informationsverarbeitung und Sprachbildung in unserer Zeit! Die Wissenschaftsferne - oder gar -feindlichkeit - bekam aber in der Renaissance einen entscheidenden Bruch, und die Klöster kümmerten sich um die alten Römer und Griechen und die Wissenschaften. So konnte alles schön unter der Kontrolle des Klerus bleiben. Eine zeitlang.

Die Wissenschaften profitieren von unserer Streit- und Diskussionskultur. Und die Religionen davon, dass wir für die Religionen offenbar eine Sonderregelung gefunden haben, sie dieser Kultur zu enthalten. Das ist wirklich tragisch! Die Religionen fördern mit ihrer Ethik der Diskussionsunwilligkeit auch die Neigung vieler zu Verschwörungstheorien! Zu viele misstrauen der Meinungsbildung, die von den Wissenschaften getragen wird. Und dieses Misstrauen ist auch ein Kind der herrschenden Religionen! Verschwörungstheorien sind die kleinen Schwestern der (heute) großen Religionen. Sie sind beide Kinder der Wissenschafts- und Kritikfeindlichkeit. Mit Realität und Selbstkritik können sie beide nicht viel anfangen...

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"Ich bin vom Glauben zum Wissen konvertiert!" (Hamed Abdel-Samad)

Ulan Offline



Beiträge: 251

08.04.2023 17:27
#4 RE: Arm an Geist? Antworten

Religion hat ja eher eine Sozialfunktion als sonst irgendetwas. Zu menschlichen Verhaltensmustern in Gruppen gibt's genuegend Untersuchungen. Es gibt dominante Persoenlichkeiten, die die Ideen/gedankliche Marschrichtung vorgeben, und Menschen mit sozialer Intelligenz wissen, dass es fuer sie vorteilhaft ist, sich diesen Gedanken anzuschliessen und sie selbst aktiv zu vertreten. Eine neuere Studie (habe gerade den Link nicht parat) hat dabei sogar festgestellt, dass diese Leute durchaus wissen, dass das, was sie da nachplappern, falsch ist. Sie halten es lediglich fuer opportun, das nachzplappern. Wenn man dann offen Andersdenkende niedermacht, ist das ein laestiger Konkurrent fuer den Platz am Futtertrog weniger.

Dazu kommen noch Leute, die Angst vor eigenen Entscheidungen haben. Wenn es nicht sie selbst waren, die die Entscheidungen getroffen haben, haben sie jemanden, auf den sie die Verantwortung beim Scheitern abschieben koennen. Ist halt praktisch.

Gysi Offline

Atheist


Beiträge: 19.998

08.04.2023 17:43
#5 Arm an Geist? Antworten

Das sind Denkformate einer vordemokratischen Welt. Und einer vorwissenschaftlichen. Mein Lieblingsphilosoph unter den Musikern - John Lennon - sang ja mal "A million heads are beteer than one!" (Only people, Album: Mind Games) Sehe ich auch so! Aber unser ganzes Sozialverhalten ist noch sehr in den tradierten Autoritätsfixierungen verhaftet. Besonders bei den sogenannten Linken, muss ich leider sagen. Das muss jedoch nicht (und wird auch nicht) so bleiben.

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"Ich bin vom Glauben zum Wissen konvertiert!" (Hamed Abdel-Samad)

Jakobgutbewohner Offline



Beiträge: 126

27.03.2024 16:43
#6 RE: Arm an Geist? Antworten

Zitat von Gysi im Beitrag #1
Jaaa, aber es ist doch ganz anders gemeint, sagen die Gläubigen: Die Gläubigen, die sich im Geiste vorstellen, arm zu sein und somit arm (als demütig) handeln - DIE sind damit gemeint! Alles ein Übersetzungsmissgeschick. Wirklich?

Wie deutest du es denn? Eine christliche Deutung von mehreren:

Zitat
Christus empfiehlt uns die Armut des Herzens, also jene Bereitschaft, um Christi willen auf seinen ganzen Besitz zu verzichten. Diese Loslösung von allem Irdischen (die keineswegs Verachtung ist), macht die Versuchung zum Neid unwirksam.

"Selig, die arm sind im Geiste, denn ihnen gehört das Himmelreich" (Mt 5,3).


kathpedia.de index.php?title=Neid

Armut ist nach verbreiteteren klassischen nicht nur christlichen Lehren eine Tugend, das sollte vielleicht berücksichtigt werden. Verzicht kann Raum für anderes schaffen.

Ähnlich nach meinem Verständnis: "Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder, werdet ihr nicht in das Himmelreich hineinkommen. Wer sich so klein macht wie dieses Kind, der ist im Himmelreich der Größte." Mt 18,3+4

Gysi Offline

Atheist


Beiträge: 19.998

27.03.2024 17:19
#7 Arm an Geist? Antworten

Zitat von Jakobgutbewohner
Christus empfiehlt uns die Armut des Herzens, also jene Bereitschaft, um Christi willen auf seinen ganzen Besitz zu verzichten.

Er redet in der Bergpredigt aber von der Armut des Geistes! Nach dem Motto: Denk nicht so viel, das mache ich! Und du folgst mir! Die Religion ist eine Ansage gegen den kritischen Geist! Fängt ja in der Genesis schon so an. Mit dem Verbot, von dem Baum der Erkenntnis essen zu dürfen! Gott wollte keine Konkurrenz, nur Untertanden... Dann hatten Adam und Eva doch von der Frucht gegessen, umd - schwupp! waren sie das Paradies los! Und sie mussten ab jwtzt 'im Schweiße ihres Angesichts' malochen... Auf mich wirkt die Genesis wie eine Fabel der Menschwerdung => Grips in die Birne reingekriegt, und die menschliche intelligente Arbeit fängt an...

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"Ich bin vom Glauben zum Wissen konvertiert!" (Hamed Abdel-Samad)

Ulan Offline



Beiträge: 251

27.03.2024 17:27
#8 RE: Arm an Geist? Antworten

Ja, hier geht's darum, dass man nicht ueber Religion nachdenken soll, sondern mit dem Gefuehl entscheiden, weil Nachdenken auf - aus fundamentalistischer Sicht - "Abwege" fuehrt.

Ich find's in dem Zusammenhang uebrigens bemerkenswert, dass Jesus selbst als Pop-Figur in weitgehend saekularen Kreisen ein viel zu positives Bild hat, das die Haelfte dessen, was er angeblich gelehrt hat, unter den Teppich kehrt.

Jakobgutbewohner Offline



Beiträge: 126

27.03.2024 20:39
#9 RE: Arm an Geist? Antworten

Zitat von Gysi im Beitrag #7
Er redet in der Bergpredigt aber von der Armut des Geistes! Nach dem Motto: Denk nicht so viel, das mache ich!

An dieser Stelle nicht wirklich.

"Ich werde lobsingen im Geist (pneumati), werde aber auch mit dem Verstand (noi) lobsingen." 1. Kor 14,15

Nr. 1 wird in englischen Übersetzungen "spirit" genannt, Nr. 2 "mind". Im Deutschen ist es recht üblich beides als "Geist" zu bezeichnen. In der "arm im Geist"-Stelle steht "pneumati", es geht also um Geist in einem mehr spirituellen Sinn.

Zitat
Die Religion ist eine Ansage gegen den kritischen Geist! Fängt ja in der Genesis schon so an. Mit dem Verbot, von dem Baum der Erkenntnis essen zu dürfen! Gott wollte keine Konkurrenz, nur Untertanden...


Als kritischen Geist verstehst du hier einen Geist, der - nach deiner Wortwahl - Verbote bricht?

Zitat von Ulan im Beitrag #2
Es ist schon so, dass die fruehe Kirche eindeutig bildungsfeindlich war.

Sie sah aufgeblasene "Weltweisheit" skeptisch, zu Recht wie ich meine. Man sieht ja, wohin die die Menschheit inzwischen gebracht hat. Im Christentum geht es um Geistiges, um das Sein, inneren Wandel.

Zitat von Robert Kardinal Sarah, Kraft der Stille
(111) Der heilige Cyprian von Karthago schreibt in seinem Brief an Donatus: "Als ich selbst noch in der Finsternis und in dunkler Nacht schmachtete und auf den Wogen der sturmbewegten Welt schwankend und unsicher irrend kreuz und quer umhertrieb, ohne meinen Lebensweg zu kennen, ohne die Wahrheit und das Licht zu ahnen, da hielt ich es bei meinem damaligen Lebenswandel für höchst schwierig und unwahrscheinlich, was mir die göttliche Gnade zum Heile verhieß: Dass man von Neuem wiedergeboren werden könne und dass man, durch das Bad des heilbringenden Wassers zu neuem Leben beseelt, das ablege, was man früher gewesen, und trotz der Fortdauer der leiblichen Gestalt den Menschen nach Herz und Sinn umändere. Wie, sagte ich mir, ist so eine gewaltige Umwaldlung möglich? [...] So dachte ich oft bei mir. Denn auch ich war durch ziemlich viele Irrtümer in meinem früheren Leben in Banden gehalten und hätte nicht geglaubt, dass ich davon loskommen könnte. So völlig war ich den mir anhaftenden Lastern ergeben und in der Verzweiflung an einer Besserung hielt ich es mit meinen Übeln wie mit unbedingt zugehörigen Hausgenossen."


Zitat
Bildungsfeindlichkeit und die Verurteilung jeglichen Hinterfragens faengt ja schon mit der Paradiesgeschichte an. Adam und Eva essen vom Baum der Erkenntnis, worueber meist hinweggeschwurbelt wird.


Und danach schämten sie sich ihrer Nacktheit, ob es da wohl um Erkenntnis nach deinem Verständnis gegangen war?

Zitat
Die Nachricht hier ist auch: Lernen ist nutzlos, davon siehst Du nichts; erst der bedingungslose Glaube bringt Dir das wahre Sehen.


Wenn deine Deutung korrekt wäre, fände ich das im christlichen Sinne auch nicht wirklich unpassend. Ich meine aber, deine versuchte Herleitung dürfte eher nicht korrekt sein.

Zitat
Die Priesterschaft hatte schon immer Probleme mit Leuten, die zu viele Fragen stellten.


Nein.

Ulan Offline



Beiträge: 251

28.03.2024 07:47
#10 RE: Arm an Geist? Antworten

Zitat von Jakobgutbewohner im Beitrag #9
Zitat von Gysi im Beitrag #7
Die Religion ist eine Ansage gegen den kritischen Geist! Fängt ja in der Genesis schon so an. Mit dem Verbot, von dem Baum der Erkenntnis essen zu dürfen! Gott wollte keine Konkurrenz, nur Untertanden...
Als kritischen Geist verstehst du hier einen Geist, der - nach deiner Wortwahl - Verbote bricht?
Nein, es geht hier wirklich um Erkenntnis. Was fuer ein Schindluder kirchliche Interpretation mit dieser Geschichte getrieben hat, ist wirklich erbaermlich. Dass Augustinus kein Griechisch konnte, hat uns diese vermaledeite Erbsuendenlehre eingebrockt, ein eingeredeter Mangel, von dem uns eine sich selbst autorisierende Instution angeblich erloesen muss. Zum Glueck erzaehlt uns die Geschichte doch immer noch, was hier eigentlich abgeht. Die Schlange sprach die Wahrheit, das Essen der Frucht brachte tatsaechlich Erkenntnis, und sie fielen auch nicht tot um, wie Gott es ihnen gesagt hatte. Und die Geschichte erzaehlt uns auch, warum Adam und Eva aus dem Paradies geworfen wurden (hier nach der EU): "22 Dann sprach Gott, der HERR: Siehe, der Mensch ist wie einer von uns geworden, dass er Gut und Böse erkennt. Aber jetzt soll er nicht seine Hand ausstrecken, um auch noch vom Baum des Lebens zu nehmen, davon zu essen und ewig zu leben." Gottes Problem war also, dass der Mensch wie Gott geworden war, sonst nichts. Und hier erfahren wir auch, dass der Mensch nur dann nicht sterben wuerde, wenn er auch vom Baum des Lebens gegessen haette, was Gott ihm verwehrt hatte. Gott wollte keine Konkurrenz in seinem Privatzoo.
Zitat von Jakobgutbewohner im Beitrag #9
Zitat von Ulan im Beitrag #2
Es ist schon so, dass die fruehe Kirche eindeutig bildungsfeindlich war.
Sie sah aufgeblasene "Weltweisheit" skeptisch, zu Recht wie ich meine. Man sieht ja, wohin die die Menschheit inzwischen gebracht hat. Im Christentum geht es um Geistiges, um das Sein, inneren Wandel.
Jesus vertritt ein antikes Weltbild der aberglaeubischen Sorte. Krankheiten sind durch Daemonen verursacht, die einzig moegliche Heilung ist der wahre Glaube. Und die Bartimaeus-Deutung stammt durchaus aus theologischen Interpretationen. Es gibt einen Grund, warum Markus ausdruecklich auf den Namen "Timaeus" hinweist. Die Episode richtet sich gegen Philosophie, nur Glaube ist angeblich wichtig. Das ist eine Glaubensaussage, die ich nicht unterstuetzenswert finde.
Zitat von Jakobgutbewohner im Beitrag #9

Zitat
Die Priesterschaft hatte schon immer Probleme mit Leuten, die zu viele Fragen stellten.
Nein.

Ja gut, zu manchen Zeiten bot ja auch der Scheierhaufen eine einfach Loesung. die dann gleich noch Geld in die Kassen spuelte.

Jakobgutbewohner Offline



Beiträge: 126

28.03.2024 08:13
#11 RE: Arm an Geist? Antworten

Für einen rationalen und substanziellen Dialog fände ich es zweckmäßig, wenn Diskussionen einen Punkt möglichst bis zu einem einvernehmlichen Ergebnis abhandeln, statt in ein inhaltlich ausuferndes Verhalten zu driften, das als Abreagieren an Andersmeinenden, zu deren Position wohl ein umfassendes Zerrbild besteht, gedeutet werden könnte. Letzteres würde wohl eher soetwas wie "schwarze Missionierung" darstellen, statt fruchtbringenden Dialog.

Ulan Offline



Beiträge: 251

28.03.2024 08:51
#12 RE: Arm an Geist? Antworten

Wie stellst Du Dir denn Dialog vor? Dass einige Kirchen heute eine andere Zielsetzung haben als in den Jahren, als sie noch viel mehr Macht hatten als heute, ist durchaus richtig. Nur, das aendert nichts daran, dass die RKK eine antidemokratische Organisation ist, oder dass die protestantische Landschaft - wenn auch nicht hier in Mitteleuropa - von ihren fundamentalistischen Zweigen dominiert wird, die auch eine Gefahr fuer die Gesellschaft darstellen. Dass diese die einzige Gefahr fuer die Gesellschaft darstellen, habe ich nirgendwo behauptet. Die Gefahr von rechtsextremistischen Kreisen fuer unsere Demokratie schaetze ich derzeit weitaus hoeher ein.

Was die Haltung zu Bildung angeht, so hat sich die auch ueber die Geschichte der Kirche durchaus geaendert. Der Kirchenvater Augustinus war Bidlung gegenueber ja durchaus sehr positiv eingestellt - eine Haltung, die sich spaeter dann ja durchaus durchsetzte. In der fruehen Kirche dominierte aber Bildungsfeindlichkeit, personifiziert z.B. durch den Kirchenvater Gregor den Grossen. Und, was hier Thema war, auch das NT selbst ist Ausdruck dieser Bildungsfeindlichkeit. Glaube ist hier das Allheilmittel, im wahrsten Sinne des Wortes.

Jakobgutbewohner Offline



Beiträge: 126

28.03.2024 08:57
#13 RE: Arm an Geist? Antworten

Meine letzte Anmerkung war eher summarisch zu verstehen. U.a. hier würde ich empfehlen: Bleib auf das eigentliche Threadthema fokussiert. Überfrachte deine Antworten nicht mit allen möglichen aus meiner Sicht kritikwürdigen Darstellungen. Nicht, weil man über all das nicht auch in anderer Form reden könnte.

Ulan Offline



Beiträge: 251

28.03.2024 09:10
#14 RE: Arm an Geist? Antworten

Meine Antworten betrafen das Threadthema, auch wenn sie Dir nicht passen moegen.

Robin22 Offline




Beiträge: 57

05.06.2025 23:24
#15 RE: Arm an Geist? Antworten

Zitat von Gysi im Beitrag #1
Das neue Zitat im Kopffeld könnte ja auch dikutiert werden. Jaaa, aber es ist doch ganz anders gemeint, sagen die Gläubigen: Die Gläubigen, die sich im Geiste vorstellen, arm zu sein und somit arm (als demütig) handeln - DIE sind damit gemeint! Alles ein Übersetzungsmissgeschick. Wirklich?


Das Wort "Geistig" heißt hier im Übertragenen Sinne, nicht Verstand, wie es Deutschland kennt. Von daher bedeutet "Geistig Arm" im übertragenen Sinne arm, nicht geistig+arm=dumm

Gysi Offline

Atheist


Beiträge: 19.998

06.06.2025 10:02
#16 Arm an Geist? Antworten

Aaah, das Forum lebt ja noch, es hat einen Atemzug getan, hurra! Moin, Robin! Schön, dass du dich mal wieder meldest.

'Geistig arm' heißt im übertragenen Sinne arm. In welchem Sinne arm? In was übertragen? In materielle Armut? Oder in Demut übertragen, also arm an Machtausübung? Irgendwie muss Jesus das ja auch anders gemeint haben, als unser Sprachverständnis das hergibt. Er kann doch seinen Jüngern nicht gesagt haben, 'bleibt schön doof, dann seid ihr richtig so!'... Ich interpretiere das ins Moderne eher so: 'Freunde, fügt euch, unterwerft euch mir. Dann gibt's keine Schwierigkeiten, und die Sache läuft optimal!' Für militärische und paramilitärische Operationseinheiten stimmt das auch. Der General bestimmt, die anderen folgen. Und das ist ja in Ordnung so, wenn die Zielsetzung stimmt. Und bei der Jesus-Truppe war sie die Befreiung von der römischen Besatzung gewesen. Du weißt, dass ich diese Sichtweise vertrete.

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"Ich bin vom Glauben zum Wissen konvertiert!" (Hamed Abdel-Samad)

Gast
Beiträge:

12.06.2025 21:50
#17 RE: Arm an Geist? Antworten

well, ich bin noch da. Schön dass es dich freut.


Hier meine Antwort:
Die Aussage „Selig sind, die da geistlich arm sind“ stammt aus der **Bergpredigt** Jesu und ist im Matthäusevangelium 5,3 überliefert:

> **„Selig sind, die geistlich arm sind; denn ihrer ist das Himmelreich.“**
> (Mt 5,3; Lutherübersetzung)

Diese Aussage hat viele Menschen verwundert und ist seit Jahrhunderten Gegenstand theologischer Auslegung. Der Ausdruck „geistlich arm“ (griechisch: *ptochoi tō pneumati*) ist besonders wichtig zu verstehen. Es gibt verschiedene Deutungen, je nach theologischem oder kulturellem Hintergrund:

---

### 1. **Demut vor Gott**

Die wohl verbreitetste Auslegung ist:

> **„Geistlich arm“ bedeutet demütig zu sein und zu erkennen, dass man auf Gott angewiesen ist.**

Also: Nicht selbstherrlich, stolz oder geistlich überheblich, sondern offen, leer, bereit, sich von Gott beschenken zu lassen. Jesus lobt hier also nicht Dummheit oder Mangel an Intelligenz, sondern **die Haltung der inneren Bedürftigkeit** – die Einsicht: „Ich kann das Heil nicht aus mir selbst schaffen.“

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### 2. **Ablehnung von spirituellem Stolz**

Viele religiöse Führer zur Zeit Jesu hielten sich für „geistlich reich“, weil sie das Gesetz kannten und äußerlich befolgten. Jesus stellt dem eine andere Haltung gegenüber:

> Wer meint, „geistlich reich“ zu sein, ist oft verschlossen für Gottes Gnade.

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### 3. **Soziale und existentielle Armut**

In der parallelen Stelle bei **Lukas 6,20** sagt Jesus einfach:

> **„Selig seid ihr Armen; denn euer ist das Reich Gottes.“**
> Hier fehlt der Zusatz „im Geist“. Einige Ausleger meinen deshalb, dass Jesus sowohl **materielle als auch geistige Armut** meint – also Menschen, die in Not leben, aber sich zugleich in ihrer Not Gott zuwenden.

---

### 4. **Ein Kontrast zu weltlichen Werten**

Jesu Seligpreisungen kehren gängige Werte um. Nicht die Reichen, Erfolgreichen oder Mächtigen werden selig gepriesen, sondern:

* die Armen im Geist
* die Trauernden
* die Sanftmütigen
→ Das Reich Gottes funktioniert anders als menschliche Machtstrukturen.

---

### Fazit

Jesus meinte mit „geistlich arm“ nicht Dummheit oder Naivität, sondern eine **Herzenshaltung der Offenheit, Demut und Bedürftigkeit gegenüber Gott**. Solche Menschen sind bereit, das Geschenk des Himmelreichs zu empfangen.

Wenn du magst, kann ich dir auch verschiedene Übersetzungen oder Kommentare dazu gegenüberstellen.


Habe ich mir alles ganz alleine ausgedacht

Gysi Offline

Atheist


Beiträge: 19.998

13.06.2025 10:23
#18 Arm an Geist? Antworten

Und der nächste Atemzug des Forums! Na, wenn das so weitergeht... Danke für die Antwort! Du warst schon mal hier? Wer bist du denn? Ulan schon mal nicht. Also, 'Demut vor Gott' würde ich nicht mit 'geistiger (oder geistlicher) Armut' übersetzen. Ist doch ziemlich parteilich gezielt herbeigeholt. Oder 'Demut vor Gott' heißt generell 'Klappe halten, hier redet nur der Chef!' Na gut, der Ton macht die Musik. Christen müssen so interpretieren, dass die Exegese stimmt. 'Demut und Leere', schreibst du. Und die konnotierst du als positiv. Würdest du mir zustimmen, dass dieses Leere-und-Demut-Verhalten mit dem Verhalten des Soldaten zum General übereinstimmt?

Ich finde es nicht gut, die Leistungsträger zu verteufeln und die Leistungsunfähigen in die Seligkeit zu erhöhen. Sie brauchen Hilfe und sollen sie auch bekommen. Aber von wem, wenn nicht von den Leistungsstarken? Ich denke, wir sollen uns ALLE einander lieben? Diese Reichenverachtung hat fatale Auswirkungen bis in die Neuzeit hinein. Karl Marx veteufelte das Kapital und erhöhte das Proletariat zu der Klasse, die alle Kriege abschaffen wird. Wer ein paar Münzen in der Tasche hat, wird gierig und böse. Geld verdirbt den Charakter... Das ist nicht nur eine Abwendung von der materialistischen Welt, das ist eine Abwendung von der Realität überhaupt!

Eine Verkehrung aller Werte. Aber sie zerstört das, was wir brauchen in unserer materiellen Welt, und das kann nicht die - immaterielle - Werteseite dieser Welt sein, die uns weiterbringt. Der Lebensbejahende bejaht das Materielle dieser Welt! Auch das Immaterielle: die Liebe, das Recht. Aber eine finstere Abwendung von dem realen Leben, indem wir das Materielle beklagen und verlassen wollen - so wie George Harrison das tat in seinem "Living in a material World" - halte ich für irreal, daneben, in den Sand gesetzt. Da halte ich es mit Madonna: "Living in a material World and I'm a material Girl!" Sie fährt auf der Spur, George Harrison tat das nicht.

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