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Dieses Thema hat 13 Antworten
und wurde 150 mal aufgerufen
 Christentum
Jakobgutbewohner Offline



Beiträge: 126

01.04.2024 10:13
Christlicher Umgang mit Häretikern Antworten

Mir erscheint es sinnvoll diesem Thema einige einleitende Worte zum Begriff der Häresie voranzustellen. Es handelt sich um einen direkten biblischen Begriff, ein Beispiel:

"Da erhob sich aber der Hohepriester und alle, die mit ihm waren und die Sekte (hairesis) der Sadduzäer und wurden voll Eifers" Apg 5,17
"Die Juden, die mich vorher von Anfang an gekannt haben [müßten mir bezeugen], daß ich nach der strengsten Sekte (hairesin) unserer Religion (threskeias) als Pharisäer gelebt habe." Apg 26,5

Ich meine, aus diesen Beispielen wird erkennbar, daß es bei diesem Begriff (auch) um etwas geht, das heute als "Konfession" bezeichnet würde.

Nach christlicher Lehre ist "Spaltung" aus Sünde, ein Zeichen dafür, daß jemand Gott in gewissem Maße fern ist.

"Offenbar aber sind die Werke des Fleisches, als da sind: Ehebruch, Hurerei, Unzucht, Schwelgerei, Götzendienst, Pharmazie, Feindschaft, Hader, Eifersucht, Leidenschaft, Streitsucht, Zwietracht, Parteisucht (haireseis), Mißgunst, Mordsucht," Gal 5,19+20

Da geht es also um eine gewisse Haltung, oft die eigene Sichtweise unter Christen zu absolut zu setzen (egal ob bezogen auf menschliche Hierarchien "von oben" oder "von unten"). Das wird nach meinem Eindruck gerade durch Nichtchristen oft nicht zutreffend verstanden.

Zitat von Ulan im Beitrag Religiöse Feiertage
Der erste dokumentierte, hingerichtete Haeretiker war Priscillian im Jahr 385 in Trier.

Zitat
Nach der Ermordung Gratians und der Machtergreifung des Usurpators Magnus Maximus im Jahr 383 wendete sich wieder das Blatt. Da Priscillian aufgrund seiner Beziehung zu Macedonius als Parteigänger des gestürzten Kaisers denunziert werden konnte, erkannten seine innerkirchlichen Feinde ihre Chance, und eine neue Untersuchung gegen Priscillian wurde auf der Synode in Bordeaux angeordnet. Priscillian entzog sich dem Verfahren und appellierte direkt an Maximus, der zu dieser Zeit vom Ostkaiser Theodosius I. vorläufig anerkannt wurde. Das Verfahren wurde in Trier fortgesetzt, wo Maximus residierte. Es wurde von Hydatius von Emeritia, Rufus von Metz und Britto von Trier gegen Priscillian Anklage wegen Manichäismus und Ketzerei erhoben.[4] (Gegen Hieronymus wurden wegen seiner Gespräche zu den sordes nuptiarum ähnliche Vorwürfe erhoben, woraufhin er sich nach Betlehem zurückzog, um einer Verurteilung zu entgehen.)

Sulpicius Severus, aus ärmlichen Verhältnissen stammend, erwarb später bei Martin von Tours, dem Bischof von Tours, und Paulinus von Nola großes Ansehen. Severus ging der Tätigkeit eines Advokaten nach, heiratete in eine konsularische Familie ein und wandte sich nach dem Tod seiner Ehefrau einem Leben als Mönch zu. Sein Denken wurde vor allem von Martin von Tours geprägt. Bei dem Verfahren, welches Magnus Maximus gegen Priscillian und seine Anhänger führte, stellte er sich, vermutlich beeinflusst durch Martin, auf die Seite des Priscillian. Martin von Tours setzte sich zunächst erfolgreich für die Angeklagten ein, dann aber kam es in Abwesenheit von Martin von Tours zu den folgenschweren Todesurteilen, die 385 vollstreckt wurden – dies war das erste Mal, dass christliche Kleriker auf Drängen anderer Christen hingerichtet wurden. Die nun folgende Anwendung des theodosianischen Gesetzes gegen Häretiker wurde von der Synode von Trier im selben Jahr genehmigt; damit waren einer staatlichen Verfolgung der Priscillianer Tür und Tor geöffnet. Ambrosius von Mailand und Martin von Tours sollen allerdings dafür gesorgt haben, dass sich die Verfolgung in Grenzen hielt.

Teilweise wird in der Forschung die Meinung vertreten, die von Ambrosius, Martin und Papst Siricius erhobenen starken Proteste gegen die Hinrichtung ihres innerkirchlichen Gegners Priscillian richteten sich in erster Linie nur gegen den dadurch geschaffenen Präzedenzfall, dass ein innerkirchlicher Fall nicht nur vor einem weltlichen Tribunal verhandelt (dies war auch früher vorgekommen) wurde, sondern dass die Angeklagten nach dem Schuldspruch wie Straftäter abgeurteilt wurden. Bis zu diesem Zeitpunkt war die höchste Kirchenstrafe maximal die Exkommunikation gewesen; fortan drohten „Häretikern“ Folter und Tod.


de.wikipedia.org wiki/Priscillian

Diese Beschreibung der Situation wirkt auf mich eher politisch. Gepflogenheiten des römischen Reichs wurden fortgesetzt. Und manche, die sich als Christen darstellten, machten dabei offenbar mit. Vermutlich waren das zumindest hier nach den Begriffen der Einleitung Häretiker, Spalter, Streitsüchtige aus ihrem Fleischlichen.

Gysi Offline

Atheist


Beiträge: 19.977

01.04.2024 10:58
#2 Christlicher Umgang mit Häretikern Antworten

Zitat von Jakobgutbewohner
Nach christlicher Lehre ist "Spaltung" aus Sünde, ein Zeichen dafür, daß jemand Gott in gewissem Maße fern ist.

Also fern einer Ideologie (denn was ist Gott anderes, als eine Idee?), die man selber als maßgebend erachtet. Entspricht das deinem Weltbild, so sein zu dürfen? Du sagst doch, dass du für Kritik und Meinungsfreiheit bist.

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"Ich bin vom Glauben zum Wissen konvertiert!" (Hamed Abdel-Samad)

Jakobgutbewohner Offline



Beiträge: 126

01.04.2024 12:21
#3 RE: Christlicher Umgang mit Häretikern Antworten

Zitat von Gysi im Beitrag #2
Also fern einer Ideologie (denn was ist Gott anderes, als eine Idee?), die man selber als maßgebend erachtet.

Es geht da speziell um Spaltung der Christen, des Leibes Christi, dessen Haupt das unenstandene Lebewesen JHWH ist, welches diesen Leib, die christliche Kirche, durch sein geistiges Wirken leitet. Wobei es nicht jeden in allem leitet, der sich selbst als Christ versteht. Die christliche Auslösung/Erlösung ist eher der Anfang eines Weges.

Zitat
Entspricht das deinem Weltbild, so sein zu dürfen? Du sagst doch, dass du für Kritik und Meinungsfreiheit bist.


Wie "so"? Bei Spaltung in diesem Sinne geht es nach meinem Verständnis nicht um unterschiedliche christliche Auffassungen im Rahmen sagen wir mal der biblisch dargestellten "Neuer Bund"-Inhalte. Es geht um fragwürdige Gewichtungen, Übertreibungen, das Maß verlieren und nicht mehr mit den eigentlichen Geschistern im Geist umgehen zu wollen wegen "verwerflicher Ansichten". Derartige Häresie wird heute wohl verbreitet als normal christlich wahrgenomen, wenn eben "Konfessionen" jeweils irgendwelche Deutungsvarianten in ihren abgesonderten Kreisen pushen. Das ist sie aber eben im reinen christlichen Sinn nicht.

Gysi Offline

Atheist


Beiträge: 19.977

01.04.2024 12:46
#4 Christlicher Umgang mit Häretikern Antworten

Zitat von Jakobgutbewohner
Das ist sie aber eben im reinen christlichen Sinn nicht.

Was ist denn 'der reine christliche Sinn'? Und warum ist der für die Menschen so bindend? Warum Christentum? Sind Muslime falsch? Hinduisten verderblich? Und Atheisten?

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"Ich bin vom Glauben zum Wissen konvertiert!" (Hamed Abdel-Samad)

Jakobgutbewohner Offline



Beiträge: 126

01.04.2024 12:55
#5 RE: Christlicher Umgang mit Häretikern Antworten

Zitat von Gysi im Beitrag #4
Was ist denn 'der reine christliche Sinn'?

Sagen wir, die christliche Lehre, wie sie der Bibel entnommen werden kann.

Zitat
Und warum ist der für die Menschen so bindend?


Bei Spaltungen geht es um Christen. Also Menschen, die selbst diese Lehre plausibel und gut finden, Christus wesenhaft kennen.

Zitat
Warum Christentum? Sind Muslime falsch? Hinduisten verderblich? Und Atheisten?


Hast du da bewußt Ansichten und Gruppen von Menschen vermischt?

Gysi Offline

Atheist


Beiträge: 19.977

01.04.2024 13:01
#6  Christlicher Umgang mit Häretikern Antworten

Zitat von Jakobsgutbewohner
Sagen wir, die christliche Lehre, wie sie der Bibel entnommen werden kann.

Ach ja. Jeder müht sich, die Bibel anders zu lesen. Und mich hat das Studium dieser Schrift zu einem Atheisten gemacht.

Zitat
Hast du da bewußt Ansichten und Gruppen von Menschen vermischt?

Verweigerst du bewusst die richtige Antwort auf meine Frage?

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"Ich bin vom Glauben zum Wissen konvertiert!" (Hamed Abdel-Samad)

Ulan Offline



Beiträge: 251

01.04.2024 18:35
#7 RE: Christlicher Umgang mit Häretikern Antworten

Eine "Haeresie" ist in der Grundbedeutung eine philosophische Schule. "Maertyrer" bedeutet "Zeuge". "Ekklesia", das Hauptwort des NT fuer "Kirche", bedeutet "Versammlung", genau wie "Synagoge", und beide Worte wurden auch fuer eine Stadtregierung benutzt. Viele Worte in der Kirche sind roemischen Verwaltungsstrukturen entnommen. Das ist alles kein Wunder, ist die westliche Kirche doch durch Leute mit Hintergrund im Gerichts- und Prozesswesen gepraegt worden.

Wie auch immer, man kann versuchen, die Verfolgungen von Andersdenkenden durch die Kirche fingen nicht erst mit Priscillian an; der war nur der erste, der auch tatsaechlich wegen Haeresie hingerichtet wurde. Die Schmierkampagnen gegen Andersdenkende innerhalb der christlichen Gemeinschaft finden sich auch bei den Kirchenvaetern zu genuege, wo ersteren alle moeglichen Verbrechen angedichtet wurden. Diese richteten sich auch gegen Juden, z.B., dass die Beschneidung doch praktisch sei, weil man das gleich am Stadttor nachpruefen und die Juden zur Aburteilung schicken koenne. Da man als Christ ja, schon laut Apg, das "wahre Israel" verkoerperte, waren die Juden eine laestige Erinnerung, dass das wohl etwas geflunkert war.

Dass die Kirche diesen Einfluss verloren haben, koennen wir doch alle feiern. In gewissem Sinne sollte das doch auch Jakobsgutbewohner freuen, weil es der Kirche ermoeglicht, sich aufs Wesentliche zu konzentrieren und nicht Machtmissbrauch zu betreiben.

Ulan Offline



Beiträge: 251

01.04.2024 18:43
#8 RE: Christlicher Umgang mit Häretikern Antworten

Zitat von Gysi im Beitrag #6

Zitat von Jakobsgutbewohner
Sagen wir, die christliche Lehre, wie sie der Bibel entnommen werden kann.
Ach ja. Jeder müht sich, die Bibel anders zu lesen. Und mich hat das Studium dieser Schrift zu einem Atheisten gemacht.


Ja, das ist bei vielen der Fall. Auch sehr viele angehende Theologen gehen durch eine schwierige Phase, wenn sie an die Uni kommen und etwas ueber die Geschichte von Kirche und den biblischen Texten lernen. Viele brechen dann ab, weil sie ihren Glauben verlieren. Deshalb ist es wichtig, dieses Thema gleich zu Beginn des Studiums zu lehren.

Besonders glaeubig war ich nie, da auch meine Eltern das nicht waren, auch wenn ich durch das Programm der katholischen Kirche laufen musste, inklusive Kommunion und Taufe, und selbst zum Messdiener hatte ich es gebracht, plus Solo-Gesangseinlage als Engel Gabriel im Heiligabendgottesdienst. Nur, wenn man dann das Markusevangelium liest, wo Jesus weder Gott ist noch als Gottessohn geboren, oder das Matthaeusevangelium, das noch das Scheitern seiner Prophezeiungen dokumentiert, dann muss man schon arge gedankliche Gymnastik (der schlechten Art) vollbringen, um dann noch beim Glauben zu bleiben.

Jakobgutbewohner Offline



Beiträge: 126

02.04.2024 13:12
#9 RE: Christlicher Umgang mit Häretikern Antworten

Zitat von Ulan im Beitrag #7
Das ist alles kein Wunder, ist die westliche Kirche doch durch Leute mit Hintergrund im Gerichts- und Prozesswesen gepraegt worden.

Du hast dich auf biblische Begriffe bezogen und schreibst jetzt von einer "westlichen Kirche"?

Zitat
die Verfolgungen von Andersdenkenden durch die Kirche


Wobei ich ja bereits darstellte, daß ich biblisch gesehen gewisse Kriterien erfüllt sehen müßte, damit irgendeine Gruppe auch als Kirche im biblisch christlichen Sinn bezeichnet werden könnte. Sekten oder einzelne Streiterclubs halte ich so nicht für "Kirche". Es ist schon eine bedeutende Frage, ob irgendwo etwas entgegen "der Satzung" ablief oder in deren Folgschaft.

Zitat
Schmierkampagnen gegen Andersdenkende innerhalb der christlichen Gemeinschaft finden sich auch bei den Kirchenvaetern zu genuege


Und schon in der Bibel wird ganz allgemein gesprochen "soetwas" kritisch letztlich als aus Sünde kommentiert.

Ulan Offline



Beiträge: 251

02.04.2024 18:09
#10 RE: Christlicher Umgang mit Häretikern Antworten

Zitat von Jakobgutbewohner im Beitrag #9
Zitat von Ulan im Beitrag #7
Das ist alles kein Wunder, ist die westliche Kirche doch durch Leute mit Hintergrund im Gerichts- und Prozesswesen gepraegt worden.

Du hast dich auf biblische Begriffe bezogen und schreibst jetzt von einer "westlichen Kirche"?

Wir kennen biblische Texte hauptsaechlich durch die Interpretation der westlichen Kirche, ja. Da Du Anfuehrungsstriche benutzt: es geht um christliche Glaubensgrundsaetze, die durch Theologen der RKK gepraegt wurden und die die Protestanten als Absplitterung der RKK geerbt haben. Jason BeDuhn hat das in seiner Untersuchung von Bibeluebersetzungen mal als die "Buerde der Protestanten" bezeichnet, weil diese ihre Glaubensgrundsaetze unbedingt in der Bibel finden muessen (sola scriptura), und wenn sie das icht koennen, das halt einfach reinschreiben (das hat schon Luther selbst geschafft).
Zitat von Jakobgutbewohner im Beitrag Seriöse und unseriöse Theologie

Zitat
die Verfolgungen von Andersdenkenden durch die Kirche

Wobei ich ja bereits darstellte, daß ich biblisch gesehen gewisse Kriterien erfüllt sehen müßte, damit irgendeine Gruppe auch als Kirche im biblisch christlichen Sinn bezeichnet werden könnte. Sekten oder einzelne Streiterclubs halte ich so nicht für "Kirche". Es ist schon eine bedeutende Frage, ob irgendwo etwas entgegen "der Satzung" ablief oder in deren Folgschaft.


Und wer stellt diese "Satzung" auf? Ist Dir in den Sinn gekommen, dass die juedische Splittergruppe, die den Rest der Gefolgschaft Jesu darstellte, nicht unwahrscheinlich als Haeretiker ausgeloescht wurde?

Zitat von Jakobgutbewohner im Beitrag Seriöse und unseriöse Theologie

Zitat
Schmierkampagnen gegen Andersdenkende innerhalb der christlichen Gemeinschaft finden sich auch bei den Kirchenvaetern zu genuege

Und schon in der Bibel wird ganz allgemein gesprochen "soetwas" kritisch letztlich als aus Sünde kommentiert.

Ach naja. "Die Bibel" sagt eine Menge Sachen. Da kann sich jeder aussuchen, was ihm zupass kommt.

Jakobgutbewohner Offline



Beiträge: 126

05.04.2024 11:47
#11 RE: Christlicher Umgang mit Häretikern Antworten

Zitat von Ulan im Beitrag #10
Wir kennen biblische Texte hauptsaechlich durch die Interpretation der westlichen Kirche, ja.

Es ging aber ja schon auch um Begriffe, die direkt in NT-Grundtext vorkommen?

Zitat
Da Du Anfuehrungsstriche benutzt: es geht um christliche Glaubensgrundsaetze, die durch Theologen der RKK gepraegt wurden und die die Protestanten als Absplitterung der RKK geerbt haben.


Meinst du da vielleicht soetwas wie Deutungstraditionen abseits der im NT-Grundtext vorkommenden Worte?

Zitat
Jason BeDuhn hat das in seiner Untersuchung von Bibeluebersetzungen mal als die "Buerde der Protestanten" bezeichnet, weil diese ihre Glaubensgrundsaetze unbedingt in der Bibel finden muessen (sola scriptura)


Da ist wohl was dran und ich denke auch, daß aus solchem Hintergrund die atheistisch-antichristliche unseriöse Theologie dort seit einigen Generationen ganz besonders verheerend wirken konnte.

Zitat
und wenn sie das icht koennen, das halt einfach reinschreiben (das hat schon Luther selbst geschafft).


Wobei du wohl schon sehr leicht mit solchen Deutungen zur Hand bist, weil es dir als wildem Agitator eben so in den Kram passen dürfte.

Zitat
Und wer stellt diese "Satzung" auf?


Ich wollte da auf den wesentlichen Inhalt des NT hinaus. Und das ist unter heutigen Christen ja schon sehr weitverbreitet anerkannt.

Zitat
Ist Dir in den Sinn gekommen, dass die juedische Splittergruppe, die den Rest der Gefolgschaft Jesu darstellte, nicht unwahrscheinlich als Haeretiker ausgeloescht wurde?


Was soll "ist dir in den Sinn gekommen" bedeuten? Ich würde erstmal sagen, "Heiden"- und Judenchristen haben sich eben vermischt.

Zitat
"Die Bibel" sagt eine Menge Sachen. Da kann sich jeder aussuchen, was ihm zupass kommt.


Eine beliebte Ansicht in gewissen Kreisen, ja. Zu wesentlichen Fragen würde ich dem so nicht zustimmen. Aus der Bibel läßt sich nicht alles Beliebige herauslesen. Vor allem nicht, wenn jemand sich nicht nur auf dem Niveau "Bibelverssteinbruch" bewegt.

Ulan Offline



Beiträge: 251

05.04.2024 12:13
#12 RE: Christlicher Umgang mit Häretikern Antworten

Zitat von Jakobgutbewohner im Beitrag #11
Zitat von Ulan im Beitrag #10
Wir kennen biblische Texte hauptsaechlich durch die Interpretation der westlichen Kirche, ja.

Es ging aber ja schon auch um Begriffe, die direkt in NT-Grundtext vorkommen?

Der Grundtext war auf Griechisch verfasst. Ich hatte das Beispiel der Erbsuendenlehre schon mal erwaehnt, denn die beruht in ihrer westlichen Form anscheinend auf einer Fehluebersetzung.
Zitat von Jakobgutbewohner im Beitrag #11

Zitat
Da Du Anfuehrungsstriche benutzt: es geht um christliche Glaubensgrundsaetze, die durch Theologen der RKK gepraegt wurden und die die Protestanten als Absplitterung der RKK geerbt haben.

Meinst du da vielleicht soetwas wie Deutungstraditionen abseits der im NT-Grundtext vorkommenden Worte?

Genau. Der Protestantismus hat zwar versucht, sich von den meisten katholischen Traditionen zu loesen, aber das war nicht perfekt.

Zitat von Jakobgutbewohner im Beitrag #11

Zitat
Jason BeDuhn hat das in seiner Untersuchung von Bibeluebersetzungen mal als die "Buerde der Protestanten" bezeichnet, weil diese ihre Glaubensgrundsaetze unbedingt in der Bibel finden muessen (sola scriptura)

Da ist wohl was dran und ich denke auch, daß aus solchem Hintergrund die atheistisch-antichristliche unseriöse Theologie dort seit einigen Generationen ganz besonders verheerend wirken konnte.

Zitat
und wenn sie das icht koennen, das halt einfach reinschreiben (das hat schon Luther selbst geschafft).


Wobei du wohl schon sehr leicht mit solchen Deutungen zur Hand bist, weil es dir als wildem Agitator eben so in den Kram passen dürfte.



Ah, sind wir wieder bei der Polemik angelangt? Wer hier also mitliest, sollte "atheistisch-antichristliche unseriöse Theologie" {der Ausdruck waechst anscheinend mit jeder Iteration, aehnlich wie die Evangelien) durch "auf soliden wissenschaftlichen Grundlagen basierende Theologie" ersetzen, um der Wahrheit naeher zu kommen. Wenn Du die Entwicklung der Lutherbibel so halbwegs kennst, ist Dir wahrscheinlich bewusst, dass Luther sein "sola gratia" in seine Uebersetzung des Roemerbriefs gemogelt hatte. Die heutige Version der Lutherbibel hat diesen Uebergriff von Luther aber wieder aus der Uebersetzung entfernt.

Zitat von Jakobgutbewohner im Beitrag #11
Was soll "ist dir in den Sinn gekommen" bedeuten? Ich würde erstmal sagen, "Heiden"- und Judenchristen haben sich eben vermischt.
Hmm, das mag zwar in Rom passiert sein, aber die Judenchristen in Palaestina und Syrien wurden in den Schriften mehrerer Kirchenvaeter als Haeretiker gebrandmarkt, weil sie meist die Goettlichkeit Jesu nicht anerkannten.
Zitat von Jakobgutbewohner im Beitrag #11

Zitat
"Die Bibel" sagt eine Menge Sachen. Da kann sich jeder aussuchen, was ihm zupass kommt.

Eine beliebte Ansicht in gewissen Kreisen, ja. Zu wesentlichen Fragen würde ich dem so nicht zustimmen. Aus der Bibel läßt sich nicht alles Beliebige herauslesen. Vor allem nicht, wenn jemand sich nicht nur auf dem Niveau "Bibelverssteinbruch" bewegt.


Witzig. Eigentlich ist es eher anders herum. Wer das Stadium des "Bibelversteinbruchs" hinter sich laesst, erkennt, dass die Einzeltexte unterschiedliche Geschichten erzaehlen. Aber das wussten schon die Kirchenvaeter, und nicht nur der von mir bereits zitierte Origenes. Auch Irenaeus war das bewusst, wenn er meinte, dass das Lesen nur eines Evangeliums - dabei egal welches - in die Haeresie fuehren wuerde. Warum wohl.

Jakobgutbewohner Offline



Beiträge: 126

07.04.2024 13:01
#13 RE: Christlicher Umgang mit Häretikern Antworten

Zitat von Ulan im Beitrag #12
Ich hatte das Beispiel der Erbsuendenlehre schon mal erwaehnt, denn die beruht in ihrer westlichen Form anscheinend auf einer Fehluebersetzung.

Es gab offenbar eine solche Fragwürdigkeit. Ich halte sie bei dem Thema an sich nicht für maßgeblich.

Zitat
Wenn Du die Entwicklung der Lutherbibel so halbwegs kennst, ist Dir wahrscheinlich bewusst, dass Luther sein "sola gratia" in seine Uebersetzung des Roemerbriefs gemogelt hatte. Die heutige Version der Lutherbibel hat diesen Uebergriff von Luther aber wieder aus der Uebersetzung entfernt.


Und manche Leute mogeln anderen sogar Pseudotheologie als Theologie unter. Und das typischerweise in einer wie ausgeführt häretischen, sektiererischen Art - wenn es sich tatsächlich um Christen handeln würde.

Zitat
aber die Judenchristen in Palaestina und Syrien wurden in den Schriften mehrerer Kirchenvaeter als Haeretiker gebrandmarkt, weil sie meist die Goettlichkeit Jesu nicht anerkannten.


Was dann allerdings kaum "die Judenchristen" gewesen wären.

Zitat
dass die Einzeltexte unterschiedliche Geschichten erzaehlen. Aber das wussten schon die Kirchenvaeter, und nicht nur der von mir bereits zitierte Origenes. Auch Irenaeus war das bewusst, wenn er meinte, dass das Lesen nur eines Evangeliums - dabei egal welches - in die Haeresie fuehren wuerde. Warum wohl.


In die Häresie führen? Das würde ich so pauschal nicht sagen.

Zitat
Eine grundlegende Untersuchung, ob der Befund in den ersten drei Evangelien wirklich die Annahme einer literarischen Beziehung nötig macht oder ebensogut als perspektivische Abweichung von Augenzeugenberichten zu verstehen ist, steht noch aus. Bisher hat man allzu naiv die gegebene inhaltliche Übereinstimmung zwischen den Evangelien auf das Konto literarischer Abhängigkeit verbucht. [...] Die sprachlichen Gemeinsamkeiten sind vergleichsweise gering und erstrecken sich in erster Linie auf die übereinstimmende Wiedergabe von Jesusworten, sowie das von der Sache her vorgegebene und nicht austauschbare Vokabular.


Eta Linnemann, Gibt es ein synoptisches Problem?, Hänssler, S. 15

Ulan Offline



Beiträge: 251

07.04.2024 22:25
#14 RE: Christlicher Umgang mit Häretikern Antworten

Zitat von Jakobgutbewohner im Beitrag #13
Es gab offenbar eine solche Fragwürdigkeit. Ich halte sie bei dem Thema an sich nicht für maßgeblich.
Ich halte die urspruengliche Idee, dass der Mensch ohne Suende geboren wird, sehr wohl fuer massgeblich. Aber klar, das ist Ansichtssache, ob Du das fuer wichtig haeltst.
Zitat von Jakobgutbewohner im Beitrag #13

Zitat
Wenn Du die Entwicklung der Lutherbibel so halbwegs kennst, ist Dir wahrscheinlich bewusst, dass Luther sein "sola gratia" in seine Uebersetzung des Roemerbriefs gemogelt hatte. Die heutige Version der Lutherbibel hat diesen Uebergriff von Luther aber wieder aus der Uebersetzung entfernt.

Und manche Leute mogeln anderen sogar Pseudotheologie als Theologie unter. Und das typischerweise in einer wie ausgeführt häretischen, sektiererischen Art - wenn es sich tatsächlich um Christen handeln würde.

Na ja, ich denke eher, dass Du einer haeretischen Sekte anhaengst. Fast alle Theologen sind Christen, sonst haetten sie nicht Theologie studiert. Nur weil Du einer abwegigen Bibelauslegung anhaengst, macht das nicht jeden anderen Christen zum Haeretiker. Wie auch immer, Luther hatte in seiner Uebersetzung die Bibel in seinem Sinne gefaelscht. Nachfolgende Generationen haben das korrigiert.

Zitat von Jakobgutbewohner im Beitrag #13
Was dann allerdings kaum "die Judenchristen" gewesen wären.
Nun, sie fuehrten ihre Gemeinden auf die Jerusalemer Judenchristen-Gemeinde zurueck. Die heutige "katholische" Kirche (was vom Wortsinn die protestantische einschliesst) ist die Kirche des Paulus, der die griechsich-hellenistische Vorstellung der Vergoettlichung eines Menschen in den Glauben eingefuehrt hatte. Die meisten Christen juedischen Ursprungs lehnten das ab. Das sieht man auch noch in der Didache: ein Christentum ohne Kreuzigung und Auferstehung, und das "Abendmahl" ist einfach ein gemeinschaftliches Mahl im Gedenken an Christus ganz ohne die Blut- und Fleisch-Magie. Und doch sind das Anhaenger von Jesus Christus, die dann in byzantinischer Zeit zwischen Orthodoxen Christen und Juden zerrieben wurden.
Zitat von Jakobgutbewohner im Beitrag #13

Zitat
dass die Einzeltexte unterschiedliche Geschichten erzaehlen. Aber das wussten schon die Kirchenvaeter, und nicht nur der von mir bereits zitierte Origenes. Auch Irenaeus war das bewusst, wenn er meinte, dass das Lesen nur eines Evangeliums - dabei egal welches - in die Haeresie fuehren wuerde. Warum wohl.

In die Häresie führen? Das würde ich so pauschal nicht sagen.

Das war die Aussage des Irenaeus. Er benutzte jeweils das Beispiel einer christlichen Sekte, die er als haeretisch einstufte, die jeweils nur eins der vier kanonischen Evangelien verwendete (es gab damals Dutzende verschiedene christliche Sekten, die Irenaeus beschreibt). Die Ebioniten benutzten (alles Aussagen von Irenaeus) nur Matthaeus, die Valentianer nur Johannes, die Markioniten nur Lukas, und die Doketisten nur Markus. Im Prinzip ist auch klar, warum er das denkt. Im Markusevangelium z.B. ist Jesus nicht Gott, sondern wird erst von Gott bei seiner Taufe "adoptiert" (weshalb das oft als "Adoptianismus" bezeichnet wird), Jesus wird vom Geist Gottes besessen, und dieser Geist Gottes ist es, der dann weiterhin steuert und handelt. Beim Tod Jesu verlaesst dieser Geist Jesus wieder (daher die Klage, warum Gott ihn verlassen hat). Und so hat jedes Evangelium seine Beosnderheiten.

Zitat von Jakobgutbewohner im Beitrag #13

Zitat
Eine grundlegende Untersuchung, ob der Befund in den ersten drei Evangelien wirklich die Annahme einer literarischen Beziehung nötig macht oder ebensogut als perspektivische Abweichung von Augenzeugenberichten zu verstehen ist, steht noch aus. Bisher hat man allzu naiv die gegebene inhaltliche Übereinstimmung zwischen den Evangelien auf das Konto literarischer Abhängigkeit verbucht. [...] Die sprachlichen Gemeinsamkeiten sind vergleichsweise gering und erstrecken sich in erster Linie auf die übereinstimmende Wiedergabe von Jesusworten, sowie das von der Sache her vorgegebene und nicht austauschbare Vokabular.

Eta Linnemann, Gibt es ein synoptisches Problem?, Hänssler, S. 15

Ist schon witzig, wie manche Apologeten selbst Sachdinge falsch darstellen. Das nennt sich wohl "Luegen fuer Gott", wie Paulus oder auch viele Kirchenvaeter es fuer eine richtige Strategie hielten, weil das Luegen fuer Gott manchmal notwendig sein kann. Es geht natuerlich nicht um inhaltliche Uebereinstimmungen. Es geht darum, dass Matthaeus z.B. Markus zum Teil woertlich und insgesamt 96% des gesamten Evangeliums Vers fuer Vers uebernimmt (vom kleinen Rest dann noch einiges inhaltlich, aber das zaehlt nicht). Es besteht gar kein Zweifel, das hier eine direkte literarische Abhaengigkeit besteht, weil das nicht durch inhaltliche Uebereinstimmungen erklaerbar ist. Man schaue einfach auf eine Synopsis, dann wird das klar.

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