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Dieses Thema hat 149 Antworten
und wurde 5.618 mal aufgerufen
 Christentum
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Gysi Offline

Atheist


Beiträge: 19.977

03.04.2022 17:46
#101 Zweifel an der offiziellen Kirchengeschichte! Antworten

Zitat von Manning
Was soll bitte ein Pontius sein?


Zitat von Wikipedia
Pontius ist ein alter Familienname (nomen gentile) eines ursprünglich samnitischen Geschlechts. Später ist er für eine römische Familie bezeugt.

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"Ich bin vom Glauben zum Wissen konvertiert!" (Hamed Abdel-Samad)

Ulan ( Gast )
Beiträge:

03.04.2022 19:11
#102 RE: Zweifel an der offiziellen Kirchengeschichte! Antworten

"So schreibt man eine Auferstehungsgeschichte eigentlich nicht, wenn man das Gegenteil (also Auferstehung nach einem echten Tod) übermitteln will."

Schon richtig. Nur steckst Du auch hier schon 'rein, dass die Ursprungsgeschichte eine "Auferstehungsgeschichte" in unserem heutigen Sinne sein wollte; was ich nicht denke.

"Also - von daher meine ich schon, dass die Texte des NT's nach Wissen und bestem Gewissen geschrieben worden sind."

Auch da gehst Du schon von der, zugegebenermassen normativen, Praemisse aus, dass es sich bei den Evangelien um die antike Gattung eines "Bios", also eine Biographie, handeln wuerde, was zwar fuer die spaeteren Evangelien naeherungsweise durchgehen kann, aber fuer das Markus-Evangelium meiner Meinung nach daneben liegt. Das Evangelium wollte uns schon etwas erzaehlen, aber wohl kaum das Leben eines Jesus Christus. Der Text wird ja nicht umsonst ziemlich exakt auf das Jahr 70 oder ein, zwei Jahre davor datiert.

Als der Text spaeter durch andere Evangelisten umgeschrieben wurde, weil sich der Anlass groesstenteils erledigt hatte, so mussten sie mit dem arbeiten, was da war (selbst der Emanzipationsversuch des Johannes muss sich letztlich mit dem Existierenden auseinandersetzen). Die theologische Botschaft sollte geaendert werden, weshalb auch der Text geaendert wurde.

Und was die Offenbarung des Johannes mit Deiner These zu tun haben soll, weiss ich jetzt nicht; da geht's doch nicht um einen Erfahrungsbericht.

"Lügner lügen glatt..."

Ja klar; deshalb ist ja auch noch nie eine Luege aufgefallen ;-) . Ich weiss schon, was Du hier sagen moechtest, aber die "Biographen" hatten halt einen vorgesteckten Rahmen; da kann man nicht immer so, wie man will. Und dass die NT-Autoren jetzt besondere geistige Leuchten waren, waere auch erst einmal zu etablieren (die Evangelien sind voll von Editierfehlern, besonders bei Lukas). Paulus ist auch ein schoenes Beispiel dafuer, wie man an einer Stelle eine Sache sagen kann und ein paar Verse weiter das Gegenteil.

Zudem geht's ja nicht um Luegen, sondern um theologische Botschaften. Dass die Autoren meinten, die "Wahrheit" zu verbreiten, ist sicherlich richtig. Ich bin mir nur relativ sicher, dass sie mit "Wahrheiten" etwas anderes meinten, als historisch korrekt zu ueberliefern.

Helmut-Otto Manning Offline




Beiträge: 654

03.04.2022 19:28
#103 RE: Zweifel an der offiziellen Kirchengeschichte! Antworten

Eben,;kein Amt. Er war Präkekt und eben nicht Prokurator, wie in der Bibel steht! Ersterer ist militärischer Befehlshaber, letzterer ein Steuereintreiber. Dieses Amt schuf erst Kaiser Claudius. Damit waren die Autoren der Evangelien Hellseher!

Oder aber das Werk entstand deutlich später als von Klerikern behauptet! Dann erklären sich auch die Zahlen Vier und Zwölf!

Manning

Autor des Buchs: Von Jesus kein Lebenszeichen!

Ulan ( Gast )
Beiträge:

03.04.2022 21:25
#104 RE: Zweifel an der offiziellen Kirchengeschichte! Antworten

Hast Du ein Zitat, wo die Bibel Pontius Pilatus als Prokurator bezeichnet? Die Bibel benutzt das griechische Wort "Hegemon", also ein Wort, das eine ganze Reihe roemischer Titel abdeckt; auch die Herrschaft des Kaisers Tiberius wird mit demselben Wort bezeichnet.

Der Uebergang von Praefekt, einem militaerischen Titel, zu Prokurator, einem zivilen Titel, fand in Judaea wohl 44 n.Chr. statt, was aber nicht hundertprozentig sicher ist. Nach 70 gab es einen weiteren Titelwechsel zu Legat. Fuer die Bibel waere das also kein Problem (als Lukas oder Matthaeus, wo der Titel vorkommt, nach herkoemmlicher Datierung geschrieben wurden, war der roemische Titel "Legat").

Wer hier den falschen Titel benutzt, ist Tacitus, aber der schreibt im 2. Jhdt. und hat sich dann wohl im Titel vergriffen. Da der Wechsel von Praefekten zu Prokuratoren nicht in allen Provinzen gleichzeitig stattfand (in Aegypten z.B. gar nicht), sind Verwechselungen bei einem so weiten Zeitabstand nicht weiter tragisch.

Helmut-Otto Manning Offline




Beiträge: 654

03.04.2022 23:53
#105 RE: Zweifel an der offiziellen Kirchengeschichte! Antworten

Da ich kein Altgriechisch kann, muss ich mich auf die deutsche Übersetzung stützen. Und da ist Pilatus Präfekt.
Die Vier und Zwölf erklärt das aber nicht!

Manning

Autor des Buchs: Von Jesus kein Lebenszeichen!

Ulan ( Gast )
Beiträge:

04.04.2022 01:12
#106 RE: Zweifel an der offiziellen Kirchengeschichte! Antworten

In den deutschen Uebersetzungen (z.B. Luther oder Einheitsuebersetzung) steht "Statthalter", was eine adaequate Uebersetzung fuer Griechisch "Hegemon" ist. Du erfindest also mal wieder ein Problem, das nicht existiert.

Deine anderen "Probleme" interessieren auch nicht weiter, weil die auch erfunden sind. Wo die 12 herkommt, weiss jeder, der schon mal einen Kalender gesehen hat. Der juedische Kalender entspricht dem babylonischen, der auf dem sumerischen beruht. Das System ist zwar lunisolar und war davor lunar, aber auch da gibt's 12 Monate. Der Tag bestand auch damals aus zwei mal 12 Stunden, und wir haben 12 Tierkreiszeichen. Die zwoelf Staemme sind davon abgeleitet, und daraus wiederum die zwoelf Apostel (auch in den Evangelien wird ja noch die Idee verbreitet, das Jesus Christus zu den zwoelf Staemmen und sonst niemandem geschickt wurde).

Fuer Deine Idee zur Zahl 4 wuerde ich gerne ein Zitat sehen.

Gysi Offline

Atheist


Beiträge: 19.977

04.04.2022 09:13
#107  Zweifel an der offiziellen Kirchengeschichte! Antworten

Zitat von Ulan
Schon richtig. Nur steckst Du auch hier schon 'rein, dass die Ursprungsgeschichte eine "Auferstehungsgeschichte" in unserem heutigen Sinne sein wollte; was ich nicht denke.

Oha. Was denn?

Zitat
Als der Text spaeter durch andere Evangelisten umgeschrieben wurde, weil sich der Anlass groesstenteils erledigt hatte,

Was dennn? Die endgültige Okkupation Israels?

Dann sind ja auch erst die ersten Evangelien entstanden. Hat das was muit der Eroberung zu tun?

Zitat
Zudem geht's ja nicht um Luegen, sondern um theologische Botschaften. Dass die Autoren meinten, die "Wahrheit" zu verbreiten, ist sicherlich richtig. Ich bin mir nur relativ sicher, dass sie mit "Wahrheiten" etwas anderes meinten, als historisch korrekt zu ueberliefern.

Das meine ich ja auch. Dass die religiös motivierten Schreiber sich zwar ehrlichen Gewissens an die Historie hielten, aber das eine und andere zugunsten ihres Glaubens ein wenig 'korrigierten'...,

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"Ich bin vom Glauben zum Wissen konvertiert!" (Hamed Abdel-Samad)

Ulan ( Gast )
Beiträge:

04.04.2022 12:02
#108 RE: Zweifel an der offiziellen Kirchengeschichte! Antworten

Da lohnt eventuell ein Blick darauf, wann die vielgescholtene theologische Zunft die Bibeltexte normalerweise datiert. Eine gute Grafik dafuer gibt's hier (Link mag komisch aussehen, aber der Autor hat einen Doktor in Religionswissenschaften und benutzt Webspace, den er hat; die Daten entsprechen dem, was normalerweise angehenden Theologen erzaehlt wird):
*cdn.shopify.com/s/files/1/1835/6621/files/when-was-the-bible-written.pdf

Markus wird also, als aeltestes der 4 kanonischen Evangelien, genau in das Jahr der Zerstoerung des Tempels in Jerusalem datiert, das auch als Stadt damals komplett zerstoert wurde. Diese Datierung ergibt sich aus dem Inhalt des Evangeliums.
Kurz: Die katastrophale Niederlage im damaligen Krieg mit Verlust des zentralen Heiligtums wird hier zum Anlass genommen, eine prophetische Heilsbotschaft zu verkuenden, die das Ereignis in die Ankuendigung des unmittelbaren Eingreifens Gottes in den Krieg und Anbruch des Reiches Gottes auf Erden umdeutet. Diese Verkuendigung wird 40 Jahre zurueckverlegt in den Mund von Jesus "von Nazareth" (wahrscheinlich eine Fehluebersetzung), der das Gottesreich auf Erden noch zu den Lebzeiten einiger seiner damaligen Zuhoerer verkuendet; oder, auf den Verfasser Markus umgedeutet: das Gottesreich kommt jetzt.

Das Programm wird in den ersten Zeilen des Evangeliums aufgerollt. Hier wird in wenigen Zeilen, die aus Maleachi 3:1, Exodus 23:20 und Jesaja 40:9 zusammengeschweisst sind, erklaert, worum es in dem Evangelium geht; man muss da nur nachschauen (Gott geht zu seinem Tempel und spricht das Gericht). Bei Maleachi wird auch Elias als Vorverkuendiger eingefuehrt, und Johannes der Taeufer wird wie Elias beschrieben.

Jesus tritt ohne Einfuehrung in die Szene, wird getauft und sieht dann, wie Gott ihn direkt anspricht und zu seinem Sohn erklaert. Der Geist Gottes uebernimmt in dem Moment die Kontrolle ueber ihn und steuert ihn von nun an.

Man muss eigentlich nur auf merkwuerdige Szenen wie die der gerasenischen Schweine schauen, um zu merken, dass es hier nicht um eine Lebensgeschichte geht sondern bildhafte Szenen. Auch die Barabbas-Szene - aus der jeder Evangelist etwas anderes macht - wird hier im Jom Kippur-Bezug verstaendlich.

In alten Manuskripten wie Codex Vaticanus oder Codex Sinaiticus endet das Markus-Evangelium auf einem Cliffhanger. Es gibt dort keine Auferstehungserscheinungen. Saemtliche Apostel haben nie irgendetwas verstanden und sind vor der Hinrichtung verschwunden; sie erfahren auch im Rest des Evangeliums nichts mehr. Das Buch endet mit ein paar Frauen, die das Grab Jesu leer vorfinden, einem Boten, der ihnen erzaehlt, sie sollten nach Galilaea gehen, um Jesus zu finden und dem Auftrag, dies den Aposteln zu erzaehlen. Die letzte Zeile aber besagt, dass die Frauen niemals irgendjemandem davon irgendetwas erzaehlten. Ende.

Die beste Erklaerung fuer diesen Cliffhanger ist, dass es hier um die Prophezeiung aus Daniel ging: der Gesalbte (griechisch "Christos" oder von hebraeisch "Messias") wurde getoetet und verschwand danach, und nach einem scheinbaren Sieg des "Boesen" reitet der Heerfuehrer Gottes mit der Kavallerie aus dem Himmel ein.

Es ist wohl offensichtlich, dass diese Botschaft ein relativ kurzes Verfallsdatum hatte. Die folgenden Evangelien mussten dann nach und nach den Rueckzug antreten, bis Johannes einige der Botschaften des Markusevangeliums explizit ablehnt. Was daraus geworden ist, wissen wir. So in etwa macht das alles Sinn fuer mich.

Gysi Offline

Atheist


Beiträge: 19.977

04.04.2022 12:47
#109 Zweifel an der offiziellen Kirchengeschichte! Antworten

@Ulan

Wenn ich dich richtig verstanden haben sollte, sind die Evangelien nichts anderes, als die Heilsverkündung, dass die römische Eroberung ihr Ende finden wird - als die Errichtung eines Gottesreiches. Und dass aus der Motivlage heraus erst die Evangelien entstanden. Habe ich so noch nie gesehen, das ist hochinteressant!

Die Johannes-Offenbarung wird ja - von bekenntnisungebundenen Historikern - als eine Kampfansage gegen Nero interpretert. Und die Erschaffung des Gottesreiches eben als ein Sieg über ihn.

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Ulan ( Gast )
Beiträge:

04.04.2022 14:05
#110 RE: Zweifel an der offiziellen Kirchengeschichte! Antworten

@Gysi: So in etwa. Ich bin hier allerdings davon ausgegangen, dass das Markus-Evangelium das aelteste ist, und streng genommen trifft die hier ausgebreitete These nur auf dieses Evangelium zu. Schon Matthaeus, der 96% des Markus-Evangeliums, zum Teil woertlich, enthaelt und auch den kleinen Rest noch irgendwie verarbeitet, macht dann schon eine Jesus-Biographie daraus. Er hat aber immer noch das Thema, dass Jesus am Ende der Markus-Erzaehlung erst scheinbar von Gott verlassen ist. Beim Johannes-Evangelium sind wir dann so ziemlich beim normativen katholischen Gedankengut angekommen, von ein paar protognostischen Einsprengseln mal abgesehen.

Die Auferstehung wird allerdings auch bei Markus schon erwaehnt, denn Jesus ist ja nach Galilaea gegangen (das "wenn Ihr die Zeichen seht, flieht in die Berge" der Prophezeiungen). Die meisten Theologen verorten das Markus-Evangelium im paulinischen Umfeld, und der schreibt ja, dass der fleischliche Koerper am Tag des Gerichts gegen einen aus "Geistmaterie" eingetauscht wird, und Jesus ist sein erstes Beispiel dafuer. Das Markus-Evangelium erkennt an, dass die Jerusalemer Sekte zuerst mit Jesus zu tun hatte, aber sie kommt dabei schlecht weg, da die Apostel anscheinend nie etwas verstanden hatten. Im Sinne der vorgebrachten These macht es auch Sinn, wenn Jesus verkuendet, dass er zu den Leuten auf eine Art und Weise redet, dass sie keine Chance haben, ihn zu verstehen, weil er will, dass sie nicht erloest werden, da das Urteil ueber sie schon gesprochen ist. Das ist dann wohl die Entschuldigung, warum so viele Leute in Jerusalem und Judaea gestorben sind: sie hatten es angeblich verdient.

Markus breitet also Prophezeiungen aus Exodus, Maleachi, Isaiah oder halt auch Daniel aus und sagt: schaut auf die Zeichen! Der Moment ist gekommen.

Die Johannes-Offenbarung ist letztlich ein neuer Versuch, die Prophezeiung in Daniel, an der sich dieses Buch entlanghangelt, umzudeuten. Nero als "Antichrist" macht uebrigens in vielerlei Hinsicht Sinn. Nero galt gegen Ende des ersten Jahrhunderts (bis noch ins 5. Jhdt.) tatsaechlich als so eine Art Christusfigur (siehe nach unter "Nero Redivivus"), war also in direkter Konkurrenz zu Jesus-Fans, die aus bekannten Gruenden keine Nero-Anhaenger waren.

Gysi Offline

Atheist


Beiträge: 19.977

04.04.2022 17:43
#111 Zweifel an der offiziellen Kirchengeschichte! Antworten

Zitat von Ulan
Schon Matthaeus, der 96% des Markus-Evangeliums, zum Teil woertlich, enthaelt und auch den kleinen Rest noch irgendwie verarbeitet, macht dann schon eine Jesus-Biographie daraus.

Die Jahrzehnte verklärten ihn wohl zu dem Star, der er in dem Maße zu seinen Lebzeiten noch nicht war. So ein Che Guevara der Antike quasi. Ich meine ja, dass er den bewaffneten Aufstand plante ("Ich bin gekommen, um euch das Schwert zu bringen!") Aber dann kamen ihm die Besatzer doch zuvor. Von mir aus mithilfe der Pharisäer, was weiß ich. Gut möglich, dass erst die Eroberung im Jahre 70 der Urknall des Christentums war. Aber der Paulus muss doch seine Werberunden schon vorher gedreht haben. Sind seine Briefe also älter als die Evangelien?

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Ulan ( Gast )
Beiträge:

04.04.2022 18:53
#112 RE: Zweifel an der offiziellen Kirchengeschichte! Antworten

Es sei nur kurz erwaehnt, dass die These vom Markus-Evangelium so funktionieren wuerde, egal ob Jesus historisch war (in welcher Form auch immer) oder nicht.

Ansonsten klar: Die "echten" paulinischen Briefe sind die aeltesten Texte des Christentums. Der erste Thessalonicherbrief gilt im allgemeinen als der aelteste NT-Text in der Bibel. Das ist so eine Standardannahme der heutigen Neutestamentik und findet sich auch so in der Grafik, die ich verlinkt habe. Die Pastoralbriefe oder die "katholischen" Briefe wiederum sind deutlich juenger.

Das macht keine Probleme fuer die These, da Paulus uns ueber den historischen Jesus im Prinzip nichts erzaehlt. Sein Jesus ist ein Geist, der nachts im Traum zu ihm spricht.

Gysi Offline

Atheist


Beiträge: 19.977

04.04.2022 19:57
#113  Zweifel an der offiziellen Kirchengeschichte! Antworten

Zitat von Ulan
Das macht keine Probleme fuer die These, da Paulus uns ueber den historischen Jesus im Prinzip nichts erzaehlt. Sein Jesus ist ein Geist, der nachts im Traum zu ihm spricht.

Der Damaskus-Geist, na ja. Vielleicht hatte ihn das Erlebnis ja bekloppt gemacht. Egal. Ich hätte keine Probleme, mich von einer Nichtexistenz Jesus' überzeugen zu lassen. Aber ich glaube sie nicht. Vielleicht erliege ich ja der Attraktivität der fantastischen Geschichte von einem Che Guevara der Antike. Und einer Geschichte, die Jesus, den Tempelrandalierer als einen Pussy-Riot der Antike darstellt... Aber nein, ich glaube nicht.

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Ulan ( Gast )
Beiträge:

04.04.2022 20:12
#114 RE: Zweifel an der offiziellen Kirchengeschichte! Antworten

Es war nicht meine Absicht, Jesus die Historizitaet abzusprechen. Ich habe lediglich festgestellt, dass Paulus ueber den historischen Jesus nichts weiss oder zumindest nicht an ihm interessiert war, sonst haette er ihn eventuell irgendwann mal zitiert oder ihn als Autoritaet erwaehnt, wenn Paulus irgendwelche theologischen Fragen beantwortet. Wenn er zitiert, dann nur aus dem AT. Wer die paulinischen Briefe liest, wuesste nicht einmal, dass Jesus je lehrend durchs Land gezogen war. Paulus informiert uns nur, dass Jesus von einer Frau unter dem Gesetz geboren wurde, dass er gekreuzigt wurde (keine Angabe wann, wo, durch wen oder warum) und wiederauferstanden ist. Was er noch erzaehlt, ist die Abendmahlsformel (Brot und Wein). Dann ist da noch eine Aufzaehlung von Leuten, die ihn nach der Auferstehung gesehen haben, aber da er sich selbst dazu zaehlt, meint er irgendwelche Visionen. In der Apostelgeschichte gibt's auch das einzige direkte Jesus-Zitat durch Paulus, das sinngemaess lautete "Bitte bezahle Deinen Prediger!"

Ich bezog mich uebrigens nicht auf die Damaskus-Szene in der Apg, wenn ich von Jesus als durch Paulus sprechenden Geist erwaehne. Er bezeichnet Jesus als lebensspendenen Geist, der durch jeden Glaeubigen sprechen kann. Etwas irritierend dabei ist, dass das im Prinzip die ganzen paulinischen Gemeinden betraf. Jeder konnte Jesus aus sich sprechen lassen, und ein paar Konkurrenten nennt Paulus ja.

Alles in allem bedeutet das nur, dass die paulinischen Texte die Beurteilung der Evangelien nicht stoeren, obwohl erstere aelter sind, da sie uns nichts ueber Jesus erzaehlen. Der Jesus der Evangelien ist naemlich eigentlich durch und durch juedisch, und ich glaube kaum, dass Paulus mit der Charakterisierung einverstanden gewesen waere. Nur war Paulus wohl schon einige Zeit tot, als die Evangelien geschrieben wurden, so dass er sich wohl kaum beschweren konnte.

Ulan ( Gast )
Beiträge:

04.04.2022 20:17
#115 RE: Zweifel an der offiziellen Kirchengeschichte! Antworten

Als Nachtrag: Wenn Dich das Evangelium des Paulus interessiert, lies Kapitel 15 des ersten Korintherbriefs. Da steht das im Prinzip kurz und knapp zusammengefasst.

Helmut-Otto Manning Offline




Beiträge: 654

04.04.2022 22:11
#116 RE: Zweifel an der offiziellen Kirchengeschichte! Antworten

Laut dieser klerikalen Quelle ist Pilatus schon im NT Prokurator! Vielleicht klärt ihr das erst mal unter euch:

https://relilex.de/prokurator/

Manning

Autor des Buchs: Von Jesus kein Lebenszeichen!

Ulan ( Gast )
Beiträge:

04.04.2022 23:40
#117 RE: Zweifel an der offiziellen Kirchengeschichte! Antworten

@Helmut-Otto: Ich habe das geklaert und Dir die Antwort genannt. Warum schaust Du nicht einfach in einem Interlinear-Text nach, was im griechischen Original steht? Oder in eine der ueblichen deutschen Bibeln, die alle online zu finden sind? Da steht Hegemon (ἡγεμόνος) oder Statthalter. Was irgendein beliebiges Online-Lexikon dazu schreibt, ist vollkommen uninteressant.

Das zeigt aber mal wieder Deine Arbeitsweise. Du verlaesst Dich auf Hoerensagen, und selbst wenn man Dich an die tatsaechliche Antwort heranfuehrt, schaust Du nicht an der Quelle nach.

Hier ist die in Deinem Lexikonbeitrag genannte Stelle (nicht mal der Link in dem Lexikonbeitrag geht an die richtige Stelle):
biblehub.com/text/matthew/27-2.htm

Auf Griechisch steht da "hegemonos", auf Englisch "governor" und auf Deutsch "Statthalter" (bei Luther 1545 "Landpfleger"). Ich habe sogar in der Vulgata nachgeschaut, und da steht "praeses"; d.h., nicht mal auf Latein wird "procurator" benutzt.

Gysi Offline

Atheist


Beiträge: 19.977

05.04.2022 15:50
#118  Zweifel an der offiziellen Kirchengeschichte! Antworten

Zitat von Ulan
Er bezeichnet Jesus als lebensspendenen Geist, der durch jeden Glaeubigen sprechen kann.

Ja, Paulus hat ihn eindeutig vergeistigt. Vergöttlicht. Und ihn scheint auch nur das ewige Leben zu interessieren, das er sich durch den Glauben verspricht. (1. Korinther 15, 12ff) Von Jesus' Kampf gegen die Pharisäer und gegen die Römer ist bei ihm nicht die Rede. Er scheint Jesus anders wahrgenommen zu haben, als die Evangelien ihn vermitteln, nämlich als einen Streiter für eine bessere Religion hier auf Erden. In Israel. Wenngleich er das Ziel auch 'Königreich Gottes' genannt haben mag. Die Fokussierung auf die begehrliche Ewigkeit kommt wohl von Paulus. Ja, vielleicht hatte Paulus ihn nie wirklich kontaktiert, wie ich ja mit der Theorie annehme, Jesus hätte die Kreuzigung überlebt. Und Paulus konnte so nur eine verblichene Figur der judäischen Geschichte bewundern und in die Göttlichkeit erhöhen.

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Helmut-Otto Manning Offline




Beiträge: 654

05.04.2022 23:00
#119 RE: Zweifel an der offiziellen Kirchengeschichte! Antworten

Ulan, die kannst nichts klären! Die Schriften von Markus und Josephus aus dem 1. Jahrhundert gibt es nicht. Nix. Null, nada, niente!
Griechische Versionen gibt es nicht vor dem 15.Jahrhundert! Da erst machte sich Erasmus von Rotterdam ans Werk, dem Jesus-Kult orientalische Wrzeln zu verpassen.

Die Überlieferung, die Du immer wieder heranziehst, stammt von diesen Galgenvögeln hier:

https://www.mittelalter-lexikon.de/wiki/F%C3%A4lschungen

Echtes existiert nicht und das älteste immer in Latein! Mesopotamien und Ägypten haben Bauwerke, Artefakte und Schriften hinterlassen. Nur das Christentum für fast das erste Jahrtausend seiner angeblichen Existenz nichts!! Null, niente, nada!

Meine Sicht fußt auf Fakten und Befunden und zieht daraus Schlüsse. Es ist also eine These, für die ich Indizien nenne. Die Pfaffen haben nicht einmal Indizien sondern nur selbst gefertigte "Abschriften", nichts hält einer groben Überprüfung stand. Geografische Angaben stimmen so wenig, wie politische. Da wird auf Dromedaren geritten, die zum behaupteten Zeitpunkt noch nicht domestiziert waren, es gibt Sägewerke vor Erfindung der Säge usw. Da werden 1000 Jahre Jesus-Irrsin geschnattert ohne ein einziges Schriftstück, ein Bauwerk oder auch nur einen Kruzifix! Ein Märchen!!

Das in tausend Jahren errichtete Lügengespinst der Pfaffen kann ein einzelner nicht Faden für Faden widerlegen! Also habe ich mich auf die Hauptstränge konzentriert.

Bislang haben 30 Leser mein Buch bewertet. Zwölf gaben fünf Sterne, sechs immerhin vier. Verrisse kamen nun von Jesus-Spinnern, die dann sich auch noch aus Josephus beriefen, dessen vier "Abschriften" alle aus dem 11. Jahrhundert stammen und fränkisch sind! Du kannst keine Argumente haben, weil da nichts ist!

Manning

Autor des Buchs: Von Jesus kein Lebenszeichen!

Ulan ( Gast )
Beiträge:

06.04.2022 03:52
#120 RE: Zweifel an der offiziellen Kirchengeschichte! Antworten

Ach Helmut-Otto, verlegst Du Dich wieder aufs Beten? Deine Beschwoerungsformeln sind Dir anscheinend wichtiger als Fakten.

Griechische Texte gab's erst seit Erasmus im 15. Jhdt.? Es gibt eine ganze Reihe alte griechische Handschriften, aber lass uns nur auf das Beispiel Oxyrhynchus schauen. Deine christlichen Faelscher haben dort dann wohl eine Muellhalde fabriziert, die hauptsaechlich 200-640 n.Chr. benutzt wurde, also bis zur muslimischen Eroberung (da gibt's auch noch viele Graeber der "Gefaehrten des Propheten" ;-)), und die bis jetzt etwa eine halbe Millionen Papyri aus dieser Zeit geliefert hat. Das Meiste ist historisch interessant, weil es sich um administrative und aehnliche Texte handelt, aber 10% sind literarischen Charakters. Die Faelscher haben dann in diese Muellhalde anscheinend so manchen christlichen Text geimpft, wenn man Deinem Schwank folgt. Neben allen moeglichen alttestmentlichen Texten haben wir dann ein Grossteil der neutestamentlichen Texte repraesentiert, dazu noch den Hirten des Hermas, die Didache, das Thomasevangelium, die Paulusakten, etc., dann noch alle moeglichen christlichen Gebete, Glaubensbekenntnisse, Hymnen, etc. Oh, und einen Haftbefehl fuer einen Christen vom 28. Februar 256. Auch Dein Freund Irenaeus ist dort verewigt (etwa auf 250 datiert). Die Sprachen sind dabei, dem Umfeld gemaess, gemischt.

Aber klar, christliche Faelscher haben sich wirklich Muehe gegeben, diese christlichen Texte in ein glaubhaftes antikes Umfeld in Form eines Querschnitts der schriftlichen Hinterlassenschaft einer antiken aegyptischen Stadt zu injizieren. Man muss sich nur vorstellen, welchen Aufwand sie betrieben haben! Und wir mussten dann auf Helmut-Otto warten, der dieses elaborierte Meisterwerk einer Faelschung schonungslos aufgedeckt hat (falls er davon schon mal gehoert haben sollte).

Und Bewertungen? Welche Amazon-Bewertung ist nicht hauptsaechlich positiv? Und der geschickte Geschaeftsmann auf Amazon stellt schon selbst sicher, dass er seine positiven Bewertungen bekommt.

Ulan ( Gast )
Beiträge:

06.04.2022 04:03
#121 RE: Zweifel an der offiziellen Kirchengeschichte! Antworten

@Gysi: Ja, Paulus ist schon merkwuerdig. Man schaue nur auf dieses Zitat vom Anfang des genannten Kapitels in 1Kor:

"3 Denn vor allem habe ich euch überliefert, was auch ich empfangen habe: Christus ist für unsere Sünden gestorben, / gemäß der Schrift, 4 und ist begraben worden. / Er ist am dritten Tag auferweckt worden, / gemäß der Schrift,"

Die einzige "Schrift" die Paulus je zitiert, ist das AT. Im Galaterbrief legt er auch Wert auf die Feststellung, dass er sein Evangelium von keinem Menschen gehoert hat (schon gar nicht von diesen Jerusalemer Figuren), sondern durch direkte Offenbarung. Oh, und sein Christus ist auch der Felsen, der vor Moses und den Israeliten durch den Sinai gerollt ist. Das ist alles schon etwas eigen.

Wie gesagt, das hat jetzt nicht unbedingt irgendeine Bedeutung fuer die Historizitaetsfrage, aber Paulus war an einem irdischen Christus sicherlich nicht interessiert.

Ansonsten gibt's so viele historische Jesus-Figuren wie es Autoren zu dem Thema gibt, wie Albert Schweitzer schon feststellte. Aber das macht ihn ja so beliebt: jeder kann an der Figur seine eigenen Vorstellungen spiegeln.

Gysi Offline

Atheist


Beiträge: 19.977

06.04.2022 10:04
#122 Zweifel an der offiziellen Kirchengeschichte! Antworten

Zitat von Ulan
Die einzige "Schrift" die Paulus je zitiert, ist das AT.

Das NT gab es zu seiner Zeit ja auch noch nicht.

Zitat
Im Galaterbrief legt er auch Wert auf die Feststellung, dass er sein Evangelium von keinem Menschen gehoert hat (schon gar nicht von diesen Jerusalemer Figuren), sondern durch direkte Offenbarung.

Na, gläubige Christen finden das überzeugend... Ich traf mal einen Hardcore-Christen in meiner Stammkneipe, ständig mit dem NT in der Hand (damals, vor 20 Jahren), der behauptete, in seinem Zimmer sei ihm leibhaftig der Jesus himself erschienen! Natürlich war er allein... Also, nur mit Jesus allein. Bekloppt wirkte der aber nicht, ich nahm ihn als einen stinknormalen, wachen, eigentlich normal reagierenden Menschen wahr. Aber sein 'Erlebnis' ist schon sehr von Paulus abgeguckt.

Zitat
Ansonsten gibt's so viele historische Jesus-Figuren wie es Autoren zu dem Thema gibt, wie Albert Schweitzer schon feststellte.

Auch ich muss einräumen, hinter meiner gern geglaubten 'historischen Figur Jesus' dicke Fragezeichen setzen zu müssen. Lieber wäre mir ein eindeutigeres Bild, klar.

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Ulan ( Gast )
Beiträge:

07.04.2022 01:21
#123 RE: Zweifel an der offiziellen Kirchengeschichte! Antworten

@Gysi: Es gibt schon evangelikale Christen, die darauf bestehen, dass die Evangelien in den 30ern geschrieben wurden, denn das, was da bei Paulus steht, klingt sonst etwas unangenehm. Er redet von der Kreuzigung und der Auferstehung Christi nicht als etwas, das ihm irgendwelche Zeugen oder die Apostel erzaehlt haben, sondern als etwas, das er der Schrift entnommen hat. Und wenn diese Schrift das AT ist, dann kommen gewisse Fragen auf.

Natuerlich deuten das auch viele Neutestamentler so, als haette Paulus eigentlich sagen wollen, dass das im AT so vorhergesagt gewesen sei, aber dafuer hat Paulus sich dann doch etwas ungluecklich ausgedrueckt. Dieselben Neutestamentler deuten dann jede Aussage, die Paulus macht und die spaeter in den Evangelien in den Mund Jesu gelegt werden, als Jesus-Zitate, auch wenn Paulus nie sagt (mit der Handvoll Ausnahmen, die ich genannt habe), dass Jesus so etwas gesagt haette, oder irgendeine seiner Taten erwaehnt.

Aber das spielt dann letztlich in dieses Glaubenserleben, das Du genannt hast. Man muss sich schon in einen gewissen Mindset versetzen, um zu schlucken, dass dieses Nichterwaehnen der Quelle nun ausgerechnet eine besondere Naehe von Paulus zu Jesus bedeuten soll, so dass Paulus es gar nicht als noetig empfindet zu erwaehnen, dass gerade Jesus direkt aus ihm spricht. Da bevorzuge ich dann doch eher etwas "menschelndere" Interpretationen.

Gysi Offline

Atheist


Beiträge: 19.977

07.04.2022 09:56
#124 Zweifel an der offiziellen Kirchengeschichte! Antworten

Zitat von Ulan
Er redet von der Kreuzigung und der Auferstehung Christi nicht als etwas, das ihm irgendwelche Zeugen oder die Apostel erzaehlt haben, sondern als etwas, das er der Schrift entnommen hat. Und wenn diese Schrift das AT ist, dann kommen gewisse Fragen auf.

Kannst du mir sagen, an welchen Stellen des AT davon die Rede ist? Also die, auf die Paulus offenbar zurückgreift. Dann könnte man darauf kommen, dass die Kreuzigung gar nicht stattgefunden hat, sondern nur als gewollt dazugedichtet ist. Es gibt ja Leute, die das behaupten. Koranfeste Moslems z.B. glauben nicht an die Kreuzigung. Wenn sie auch an Jesus' Jungfrauengeburt glauben und dass er ein Prophet Gottes war.

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Ulan ( Gast )
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08.04.2022 09:26
#125 RE: Zweifel an der offiziellen Kirchengeschichte! Antworten

Ja klar. Man muss dafuer allerdings die juedische Tradition von Midrasch und Pescher im Hinterkopf behalten, also des oft sehr fantasievollen Uminterpretierens von Texten, die eigentlich in ganz andere Sachzusammenhaenge gehoeren. Wenn es all zu offensichtlich waere, koennte sich Paulus nicht ruehmen, da etwas Besonderem auf die Spur gekommen zu sein.

Ich hatte ja schon den Anfang des Markus-Evangeliums genannt. Nach der "Ueberschrift" (Vers 1) beginnt es mit "Wie geschrieben steht beim Propheten Jesaja...". Bei Jesaja findet man neben der zitierten Stelle auch die sogenannten Gottesknechtlieder, also Dichtungen ueber einen leidenden Diener Gottes. Die sind so vage gehalten, dass sich schon die Juden darueber stritten, wer das sein koennte, und "das ganze Volk Israel" oder "der Messias (=Christos)" sind zwei moegliche Antworten. Das Christentum beachtet hier vor allem das vierte Lied (52:13-53:12), hier vor allem 53 (daher wahrscheinlich die Kapiteltrennung mitten im Lied):

"2 Vor seinen Augen wuchs er auf wie ein junger Spross, / wie ein Wurzeltrieb aus trockenem Boden." Eine der moeglichen Erklaerungen fuer "Jesus von Nazareth", von "netser", der Wurzel.

Der Rest in der Gesamtheit:
"4 Aber er hat unsere Krankheit getragen / und unsere Schmerzen auf sich geladen. Wir meinten, er sei von Gott geschlagen, / von ihm getroffen und gebeugt. 5 Doch er wurde durchbohrt wegen unserer Vergehen, / wegen unserer Sünden zermalmt. Zu unserem Heil lag die Züchtigung auf ihm, / durch seine Wunden sind wir geheilt. 6 Wir hatten uns alle verirrt wie Schafe, / jeder ging für sich seinen Weg. Doch der HERR ließ auf ihn treffen / die Schuld von uns allen. 7 Er wurde bedrängt und misshandelt, / aber er tat seinen Mund nicht auf. Wie ein Lamm, das man zum Schlachten führt, / und wie ein Schaf vor seinen Scherern verstummt, / so tat auch er seinen Mund nicht auf. 8 Durch Haft und Gericht wurde er dahingerafft, / doch wen kümmerte sein Geschick? Er wurde vom Land der Lebenden abgeschnitten / und wegen der Vergehen meines Volkes zu Tode getroffen. 9 Bei den Frevlern gab man ihm sein Grab / und bei den Reichen seine Ruhestätte, obwohl er kein Unrecht getan hat / und kein trügerisches Wort in seinem Mund war. 10 Doch der HERR hat Gefallen an dem von Krankheit Zermalmten. / Wenn du, Gott, sein Leben als Schuldopfer einsetzt, wird er Nachkommen sehen und lange leben. / Was dem HERRN gefällt, wird durch seine Hand gelingen. 11 Nachdem er vieles ertrug, erblickt er das Licht. / Er sättigt sich an Erkenntnis. Mein Knecht, der gerechte, macht die Vielen gerecht; / er lädt ihre Schuld auf sich. 12 Deshalb gebe ich ihm Anteil unter den Großen / und mit Mächtigen teilt er die Beute, weil er sein Leben dem Tod preisgab / und sich unter die Abtrünnigen rechnen ließ. Er hob die Sünden der Vielen auf / und trat für die Abtrünnigen ein."

Das von mir fett Markierte wurde als Kreuzigung interpretiert, ansonsten haben wir die Suehne aller durch seinen Tod, die unschuldige Verurteilung durch die Obrigkeit, dass er unter die Frevler gerechnet wurde, etc. Das ist die christliche Passionsgeschichte in Kurzform.

Wo wir bei Markus sind, spielt natuerlich auch Psalm 22 eine Rolle, wo die letzten Worte Jesu am Ende der Passion ihren Ursprung haben:
"2 Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen, bleibst fern meiner Rettung, den Worten meines Schreiens? [...] 8 Alle, die mich sehen, verlachen mich, verziehen die Lippen, schütteln den Kopf. [...] 14 Aufgesperrt haben sie gegen mich ihren Rachen, wie ein reißender, brüllender Löwe. [..] 16 Meine Kraft ist vertrocknet wie eine Scherbe, / die Zunge klebt mir am Gaumen, du legst mich in den Staub des Todes. 17 Denn Hunde haben mich umlagert, / eine Rotte von Bösen hat mich umkreist. Sie haben mir Hände und Füße durchbohrt."

Wir haben hier also Worte, die Jesus direkt in den Mund gelegt wurden, und der letzte Satz erklaert, warum die Wundmale an Haenden und Fuessen so wichtig sind. Der letzte Satz ist uebrigens ein problematischer Text, da der schon lange vor der Zeitenwende irgendwie verstuemmelt war, aber diese Lesform ist auch aus der Antike bekannt, was fuer unsere Zwecke hier ausreicht.

Man koennte hier noch mehr anfuehren, z.B. was aus Sacharja, aber das soll hier reichen. Man muss sich, um das sehen, aber in die Vorstellungwelt der antiken Interpretatoren versetzen, die ueberhaupt kein Problem damit hatten, Geschichten vollkommen umzuinterpretieren (siehe z.B. den Habakuk-Pescher).

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